Brokkoli Brothers: Fünf Farben Grün

Immer wieder wird in der Molekularküche auch altes, über Generationen weitergegebenes Kochwissen auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft. So wissen wir längst, dass beim scharfen Anbraten von Fleisch keine Poren verschlossen werden, obwohl einige Starköche im Fernsehen immer noch hartnäckig das Gegenteil behaupten. Wir wissen durch den amerikanischen Wissenschaftler und Autor Harold McGee (On Food and Cooking), dass mit einem Eigelb bis zu 24 Liter Mayonnaise aufgeschlagen werden können sowie durch Heston Blumenthal (Restaurant Fat Duck) und den Wissenschaftsjournalisten Ted Lister, dass der Anteil von Calcium-Ionen im Kochwasser (in der Regel Leitungswasser) die Farb- und Texturentwicklung von Gemüse während des Kochens beeinflusst. Je härter das Wasser, umso länger braucht es, bis das Gemüse den gewünschten Grad Weichheit erreicht, wodurch es bräunlicher wird, da über die Zeit mehr Chlorophyll (was bekanntlich die Grünfärbung generiert) in Phenophytin umgewandelt wird.
Der norwegische Blogger thodur von tech/food/rant hat nun kürzlich einen Test mit Brokkoli gemacht und festgestellt, dass die Zugabe von Backpulver (wie von Generationen Hausfrauen bereits angewandt) offenbar tatsächlich dazu beiträgt, das Grün vor Ausfärbung zu bewahren. Backpulver senkt meines Wissens aber den Säuregehalt des Wassers, und was der wiederum mit dem Härtegrad und den Calcium-Ionen zu tun hat, ist mir im Moment noch schleierhaft.
Jedenfalls fand Thordur auch heraus, dass durch Backpulver im Kochwasser auf der Oberfläche des Gemüses ein seifig glänzender Film entsteht. Er testete auch die Wirkungen von reinem Natriumcarbonat (das in der Lebensmittelindustrie auch als Backpulver und Säureregulator für Babynahrung eingesetzt wird) sowie Weinsäure und Natriumtartrat (Salz der Weinsäure) im Vergleich zu „unbehandeltem“ Kochwasser. Wie auf dem Foto zu sehen, erzeugt Natriumcarbonat das optisch beste Ergebnis. Unser handelsübliches Backpulver enthält übrigens Diphosphate, Natriumhydrogencarbonat und Weizenstärke.
Interessant wären jetzt allerdings noch die geschmacklichen Aspekte sowie die Aufklärung der Frage, wie hart das Wasser im Versuchsfall war. Kochen kann ja so verdammt kompliziert sein.

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