Juan Amador, ein Strammer Max und die New York Times

Ausgerechnet des deutschen Rentners liebstes Frühstück nahm die New York Times als Aufhänger für eine Story über den Langener Dreisternekoch Juan Amador. Der Autor des Beitrags, Carter Dougherty, steigt mit einem Hinweis auf Juan Amadors Dekonstruktion vom Strammen Max ein (mit Wachtelei, Schweinefett und geräuchertem Öl) und billigt bei der Gelegenheit den Deutschen sogar eine eigene Esskultur zu, die sich im Land von Sauerkraut und Würstchen in den letzten zehn Jahren entwickelt habe. Na ja, mir kommt die Tonalität des Beitrags schon eine Spur überheblich vor. Aber vielleicht bin ich ja übersensibel und fühle mich nicht wie ein weiterentwickelter, stramm gemaxter Teutone. Juan Amador unterstützt allerdings Doughertys Entwicklungsthese: Das Essverhalten in Deutschland habe sich in den letzten zehn Jahren radikal gewandelt, sagt er und ergänzt: „Wir haben eine neue Esskultur geschaffen, die vorher einfach noch nicht existiert hat.“
Ich sehe das etwas anders. Den größten Entwicklungschritt hat Deutschland in den 90er Jahren vollzogen, weil da im gastronomischen Unterbau, also in den Küchen der zweiten und dritten Liga eine deutliche Qualitätssteigerung Einzug gehalten hat. Nur so war es möglich, den Boden für eine so große Anzahl Spitzenrestaurants zu bereiten. Gleichwohl reden wir in diesem Zusammenhang nicht von einer einheitlichen, tief verwurzelten deutschen Esskultur, sondern wir reden von einer neuen Entwicklung in der Spitzengastronomie und seinem Unterbau, frequentiert, von – ich würde das mal so schätzen – maximal fünf Prozent der Bevölkerung. In der Spitze der besten zwanzig Betriebe nicht mal 0,1 Prozent. Da würde ich wirklich nicht von der Schaffung einer neuen Esskultur sprechen wollen.
Dougherty zitiert in seinem Beitrag noch den Bonner Professor für Volkskunde, Gunther Hirschfelder, der aufgrund sozialer Entwicklungen von unterschiedlichen Esskulturen in Deutschland spricht. Auch das finde ich nur bedingt überzeugend. Denn vor allem die Italienische Esskultur funktioniert, meiner Auffassung nach, durchaus einheitlicher, also quer durch unterschiedlichste soziale Gruppen. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch ber Blog eigenarbeit, die allerdings auch noch Frankreich einbeziehen. Mein Eindruck ist jedoch, dass die einheitliche Esskultur In Frankreich in den letzten Jahren stark gelitten hat.

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