flemish primitives: Fortschritte in der Haute Cuisine – und wieder schlafen die Deutschen

Als Peter Barham am Montag die keynote zur Eröffnung des weltweit ersten Food Pairing Events hielt, das unter Titel dem the flemish primitives (im kompottsurfer angekündigt) in Brügge vonstatten ging, gab es nur sehr wenige deutsche Köche unter den rund 1.000 Teilnehmern, die dem Physikprofessor aus Bristol zuhörten. Nicht, dass Barhams Vortrag über die Zusammenhänge von Kochen und Wissenschaft langwelig gewesen wäre, nein, es waren – bis auf ein paar rühmliche Ausnahmen – einfach keine deutschen Köche da, die ihm hätten zuhören können. Lediglich Heiko Antoniewicz, Sven Elverfeld und Juan Amador, sowie zwei jüngere, unbekanntere Kollegen, waren vor Ort. Joachim Wissler, der ebenfalls angemeldet war, musste kurzfristig absagen.
Es ist zugegeben provokant zu fragen, ob es die deutschen Sterneköche nicht nötig haben, zu schauen, wohin die Reise international geht, nicht zuletzt, was die Thematik Aromenharmonie angeht? Aber letzten Endes passierte hier nun mal so viel Neues, zeigten Spitzenköche aus England, Spanien, Belgien, Frankreich und den USA, wo die aufregenden neuen Themenfelder liegen, dass ein ambitionierter Koch einfach gut daran getan hätte, vorbeizuschauen. Zum Beispiel wurde die Bedeutung neuartiger Cocktails als Speisebegleitung in den Blickpunkt gerückt und die Optimierung von Arbeitsabläufen bis hin zur Automation, die bei a-la-minute-Zubereitungen entscheidende Zeitvorteile bringen, dargestellt. Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt. Nebenbei gesagt, war die Veranstaltung perfekt organisiert und die Stimmung glich beinahe der auf einer Macworld Expo. Wenn Thomas Ruhl (Port Culinaire) am 14. September 2009 die Tore für sein erstes deutsches Gastronomiesymposium öffnet, liegt die Messlatte verdammt hoch.
Welche Bedeutung den flemish primitives beigemessen werden, war sowohl an der Teilnehmerzahl international wichtiger Köche festzumachen als auch daran, dass drei belgische Fernsehsender einen ausführlichen Bericht brachten.
Interessant ist, dass auf dem Kongress niemand von Molekularer Gastronomie oder Molekularküche gesprochen hat. Das zeigt, wie weit uns die Szene international voraus ist. Während hierzulande die Molekularküche weiterhin am kleingeistigen Für und Wider zu einzelnen Texturgebern zerbeult wird, reden die wichtigsten Köche in Europa, Asien und den USA längst einfach nur noch von Kochen. Es ist völlig selbstverständlich geworden, die Wissenschaft einzubeziehen, wenn es um die Verbesserung von Kochqualität geht. So wie es im Weinbau, auch in Deutschland übrigens, längst selbstverständlich ist.

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