Gestern las ich in der Holzausgabe des stern auf Seite 85 eine kurze Gegendarstellung zu der seit November kontrovers bis erbittert diskutierten Hardy-Rodenstock-Story Der große Etikettenschwindel. Zwei stern-Redakteure waren Hinweisen auf Ungereimtheiten bei der Etikettierung rarer Weinflaschen nachgegangen und hatten bei ihrer Recherche Details zutage gefördert, die bei Rodenstock Manipulationen im Umgang mit angeblich wertvollen alten Flaschen vermuten ließen.
Nun hat Hardy Rodenstock eine Gegendarstellung erwirkt, die – wenn mich meine Kenntnisse des Presserechts nicht trügen – zunächst einmal nur formal richtig sein muss, um abgedruckt oder gesendet werden zu können. Über den Wahrheitsgehalt des Beitrags ist damit überhaupt noch nichts gesagt. Weigert sich, wie im vorliegenden Fall offenbar geschehen, die betroffene Zeitschrift, die Gegendarstellung abzudrucken, muss ein Richter entscheiden. Und der entscheidet nur dann gegen einen Antragsteller, wenn ohne nähere Prüfung klar erkennbar ist, dass der Antragsteller (in diesem Fall Hardy Rodenstock) die Unwahrheit sagt. Ganz so einfach ist es im vorliegenden Fall aber nicht, obwohl das Gericht – nach Informationen des kompottsurfers – die Beweiskraft des stern-Materials als stark kommentiert haben soll. Deshalb, so vermute ich mal, kam es wohl auch zum Vergleich, in dessen Rahmen dem stern offenbar die Kommentierung des Gegendarstellungsbeitrags zugestanden wurde.
Dagegen sollen von Hardy Rodenstock bei Gericht keinerlei Beweise vorgelegt worden sein, welche die Vorwürfe des stern nachhaltig entkräften würden. Lediglich eine Eidesstattliche Versicherung von Hardy Rodenstock, in der er die Vorwürfe bestreitet, soll eingebracht worden sein. Wäre es tatsächlich so – und ich formuliere das mal ganz vorsichtig, weil ich nicht dabei war – erschiene mir das von Seiten Rodenstocks als eher spärlicher Entkräftungsversuch. Aber vielleicht ist das ja eine taktische Maßnahme, weil er seine Munition aufsparen will, für wahrscheinlich halte ich das allerdings nicht.
An alle, die aus der Auseinandersetzung einen persönlichen Feldzug gegen die eine oder andere Seite machen: Ich bemühe mich nur, die Fakten zu sichten und zu gewichten. Und vor allem versuche ich nüchtern zu bleiben, was bei dem Thema, zugegeben, nicht ganz einfach ist. Aus rein journalistischer Sicht gesehen, hätte ich bei einer solchen Informationslage wie hier die Story übrigens auch gemacht.
Fortsetzung folgt.