Blumenthals Albtraum: Fat Duck muss vorübergehend schließen – Teil 2

Es ist noch nicht vorbei für Heston Blumenthal. Der britische Starkoch (sein Restaurant Fat Duck belegte 2008 Platz 2 in der Welt) wollte schon am letzten Mittwoch sein Lokal in Bray wieder öffnen, aber die Ursachen für diverse Magen-Darm-Probleme, über die zunächst etwa vierzig Gäste geklagt hatten, sind trotz umfangreicher Analysen noch immer nicht geklärt, deshalb bleibt die fette Ente weiter geschlossen. Mittlerweile sollen sich sogar mehr als 400 Gäste gemeldet haben, denen es nach einem Essen bei Blumenthal unwohl gewesen sein soll.
Die zuständige Gesundheitsbehörde bezweifelt allerdings, dass es tatsächlich so viele Fälle sind, die im Zusammenhang mit einem Essen im Fat Duck standen, da die meisten dieser Klagen erst nach dem Medienrummel angemeldet worden sein sollen. Blumenthal hatte versprochen, all‘ jenen ein kostenloses Essen in seinem Lokal zu servieren, die sich über Magengrummeln und Durchfall beschwert hatten. Bei Preisen bis 165 Euro pro Menü könnte der ein oder andere Gast vielleicht der Versuchung erlegen sein, noch einen schönen Abend auf Lau mitzunehmen. Das Lokal verfügt über 46 Plätze und ist von Dienstag bis Samstag mittags und abends, und darüber hinaus am Sonntagmittag geöffnet. Vierhundert Infektionen, die über mehrere Wochen zusammen gekommen sein sollen – das erscheint schon seltsam, denn pro Woche kommen bereits 500 Gäste ins Fat Duck.
Da Heston Blumenthal als Avantgardist der molekular inspirierte Küche bekannt ist, rankten sich die ersten Spekulationen über die Ursachen um den Einsatz von unerforschten Zusatzstoffen beziehungsweise in ihrer Wechselwirkung unerforschten Zusatzstoffen. Einige Kritiker der Avantgardeküche verfolgen diesen Strang auch weiter hartnäckig. Da ich so ziemlich alle natürlichen Zusatzsstoffe, die Blumenthal und Co. einsetzen, schon überdosiert konsumiert habe und außer leichten Blähungen keine Probleme bekam, kann ich mir bei einem Dosierungspolizeichef wie Blumenthal nicht vorstellen, dass hier das Problem liegt, zumal er – meines Wissens – sehr genau dem Ehrenkodex der Avantgardeköche folgt, Gäste nicht als Versuchskaninchen zu missbrauchen. Aber natürlich – man kann es nicht genau wissen.
Wenn Ursachenforschung so schwierig scheint, wie in diesem Fall, wo sogar Sabotage nicht ausgeschlossen wird, besinne ich mich gerne auf Ockhams Rasiermesser, das Sparsamkeitsprinzip der Wissenschaft. Okay, ich schränke ein: Wenn eine für mich überzeugende Verschwörungstheorie zur Hand ist, folge ich auch dieser Spur nur allzu gerne. Aber in diesem Fall halte sogar ich Sabotage für abwegig. Also Ockhams Rasiermesser. Das Prinzip besagt, dass beim Vorhandensein mehrerer Erklärungen für einen gleichen Sachverhalt, die einfachste bevorzugt werden soll.
Die einfachste Erklärung für das Problem im Fat Duck ist eine bakterielle oder virale Infektion, die direkt über dekontaminierte Nahrungsmittel oder über infiziertes Personal in die Nahrung und von dort in den Magen-Darm-Trakt der Gäste gelangt ist und die Erkrankung ausgelöst hat. In Deutschland werden pro Jahr allein 100.000 Fälle von Salmonellen und Campylobacter-Enteritiden gemeldet und die Dunkelziffer liegt um ein Vielfaches höher. Dazu kommen Noro- und andere Viren, bei denen es eine saisonale Verteilung der Erkrankungen gibt, die – nach Informationen des Kompottsurfers – im Spätwinter besonders viele Erkrankungsfälle ausweist. Da die Inkubationszeit bei Gastroenteritis in der Regel 4 bis 48 Stunden beträgt und viele Gäste mit Lebenspartnern oder engen Freunden ein Lokal besuchen, könnte es auch noch eine Ansteckung untereinander gegeben haben, die dann, logischer Weise, von den Betroffenen direkt dem Besuch im Restaurant zugeordnet wird.
Fortsetzung folgt.

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