Es ist Sommerloch, und gelegentlich ist das gut so. Dann rücken auch mal wichtige Dinge in den Blickpunkt, die sonst in der alltäglichen Meldungsflut von Presse, Funk, Fernsehen und Internet unterzugehen drohen.
Deutschland hat ein weiteres, handfestes Nahrungsmittelproblem, und wieder ist die Massengastronomie betroffen. Diesmal steht aber nicht das Dönerfleisch im Blickpunkt sondern Kochschinken. Zigtausendfach aufgerollt mit Käse für die so beliebten Schinken-Käse-Röllchen im Salat und tonnenweise auf Pizza gepflastert. Irgendwie eine ziemlich runde Sache, nach dem Analogkäse (der kompottsurfer berichtete) kommt nun der Analogschinken. In einer Pressemeldung des Hessischen Verbraucherministeriums heißt es heute, dass von 106 in der Gastronomie vorgenommenen Proben bei Kochschinken, kochschinkenähnlichen Produkten und Schinken-Imitaten 72 Proben (67,9%) wegen irreführender Bezeichnung oder Wertminderung ohne Kenntlichmachung beanstandet worden sind. „Hierbei handelt es sich um Mogel-Schinken! Die Produkte bestehen aus einem großen Anteil von schnittfestem Stärke-Gel, in das kleine Fleischstücke eingebettet sind“, sagte Staatssekretär Weinmeister. So soll der Gehalt an Fleisch-Eiweiß im Vergleich zu echtem Schinken sehr niedrig liegen, der Fremdwassergehalt dagegen sehr hoch. Auch wenn die Fremdwasserbestimmungsmethode in der Fachwelt umstritten ist, weil sie nur eine indirekte Messung ermöglicht (der Wassergehalt von Fleisch steht in einem bestimmten, relativ konstanten Verhältnis zum Eiweißgehalt) bietet sie immerhin eine wichtige Orientierungshilfe. Über die Relation von Fett und Eiweiß könnten weitere Erkenntnisse über die Fleischqualität gewonnen werden, aber darüber wird in der Meldung leider nichts gesagt. Dass es aber wohl einen großen Markt für Mogelschinken in Deutschland gibt, der auch bedient wird, scheint außer Frage zu stehen.
Wer also demnächst beim Pizzataxi anruft, sollte Risikominimierung betreiben und möglichst nichts bestellen, was mit Käse oder Schinken zubereitet ist. Ja, ich weiß, da bleibt nicht viel übrig.