Mit dem Aufguss der uralten Stern-Story Dünnpfiff für fünf Personen (Juni 2008) wartet die aktuelle Ausgabe der Frankfurter Rundschau (Holzausgabe und Online) unter Menü mit Dünnpfiff-Risiko auf. Darin wird unter anderem auch auf Santi Santamaria Bezug genommen, der in Spanien wegen seiner – nicht nur aus meiner Sicht – unsachlichen, profilsucht-orientierten und gegen die Person Ferran Adriàs gerichteten Kampagne längst komplett im Abseits steht. Nun fand ich die stern-Geschichte seinerzeit schon nicht in Ordnung. Aber immerhin war sie frisch.
In Deutschland zittern jetzt, wie ich hörte, tatsächlich einige Köche vor Manfred Kohnke und seinem Gault Millau Guide. Ich war persönlich anwesend, als Kohnke – den ich für sein Lebenswerk im Übrigen sehr schätze – seine Drohung bezüglich Punktabzug aussprach, für Köche, die mit Texturgebern arbeiten, erlebte aber bei der gleichen Veranstaltung mit, wie begeistert er von einer Küche war, die bei einer Reihe von Gängen Texturgeber eingesetzt hatte. Was im übrigen auch völlig okay und ungefährlich ist. Also liebe Avantgardeköche in Deutschland, lasst euch um Himmels Willen nicht von Kohnke ins Bockshorn jagen, und macht euer Ding. Die Zeiten, wo der Gault Millau fortschrittlich war, scheinen ohnehin vorerst vorbei zu sein. Der Michelin ist inzwischen viel weiter vorne. Und das sage ich als langjähriger Anhänger des Gault Millau Guide.
Wenn diese Apokalyptischen Reiter wenigstens wüssten, wovon sie da reden und schreiben, gäbe es wenigstens eine Basis, um vernünftig zu streiten.
Bester Satz im Text: „Tatsächlich kommt die Molekularküche nicht ohne Chemie aus.“ Mal abgesehen davon, dass der Begriff Molekularküche, mal wieder völlig falsch besetzt wird (wie an dieser Stelle unzählige Male richtig gestellt), schockiert der Autor jeden nur halbwegs versierten Leser mit der Behauptung, die Molekularküche käme nicht ohne Chemie aus. Nicht weil er damit Unrecht hätte, sondern weil es völlig ohne Belang ist. Denn keine (!) Küche kommt ohne Chemie aus. Keine, keine, keine. Damit es vielleicht auch mal bei der FR ankommt. Wenn derartige Geschichten Qualitätsjournalismus sein sollen, dann gute Nacht.