Zugegeben, der Begriff Culinary Chemistry klingt so wenig nach den primären Verlockungen kulinarischer Genüsse wie Molekularküche, die im Grunde ja auch nichts anderes ist als die Wissenschaft der Kulinarik. Aber um primäre Verlockungen soll es an der Biovidenskabelige Fakultet (das klingt echt heiter) in Kopenhagen auch nicht gehen. Vielmehr werden dort ab Mitte 2010 die Grundelemente der Kulinarik erforscht, die im Zusammenwirken mit den Erkenntnissen einiger weniger anderer Universitäten in Europa dazu beitragen werden, eine wissenschaftliche Basis für das Kochen und die Kochkunst der Zukunft zu entwickeln. Ein enorm wichtiger Schritt, um das Kochen endlich aus der Bastelecke herauszuholen.
Ein Wort, das die Betonköpfe der Kulinarik schreckt wie kaum ein anderes, möchte ich in diesem Zusammenhang besonders hervorheben: Chemie. Es geht vor allem um Chemie, Chemie, Chemie! Und zum x-ten Mal hier geschrieben, weil es manche vorgeblichen Gourmets immer noch nicht glauben wollen: Kochen ist Chemie. Nur wer die Prozesse und Zusammenhänge verstehen lernt, wird in Zukunft auf höherem Niveau kochen und kritisieren können. Wer Angst davor hat und es zudem nicht schafft, die Angst zu überwinden, statt dessen lieber eine antiquierte Fressromantik pflegt und Giftpfeile Richtung Avantgarde abschießt, der kann die Deutungshoheit über die Kochkunst getrost abschreiben. Er wird seine Glaubwürdigeit bald schneller verlieren, als eine neue Regierungspartei ihr Erinnerungsvermögen an eigene Wahlversprechen.
Aber zurück zum Lehrstuhl für Kulinarische Chemie. Folgende Themenfelder sollen im Studium beackert werden:
– Wissenschaftliche Beschreibung und anschließende Modellierung von Prozessen für das Kochen von Lebensmitteln durch Überwachung und Beobachtung in Profiküchen mit dem Ziel, gastronomische Qualität zu optimieren.
– Entwicklung neuer Kochstrategien, die sowohl in der Gastronomie als auch in der Alltagsküche anwendbar sind.
– Überführung von Wissen und Traditionen von Küchen mit unterschiedlichen historischen und ethnischen Hintergründen in ein wissenschaftliches Rahmenwerk mit dem Ziel, neue Gerichte und Mahlzeiten zu entwickeln.
– Entwicklung von Modellsystemen für Nahrungsmittel und Getränke, die kontrollierte Geschmacks- und Texturentwicklung für Lebensmittel und Getränke erleichtern sollen.
– Erforschung der kreativen und künstlerischen Interaktion zwischen Kunst und Wissenschaft in Bezug auf Lebensmittel und Getränke sowie deren Verbindungen.