
Für den ICE nach Köln ist Verspätung angesagt. Zeitliche Prognose: 30 Minuten. Was tun in dieser Zeit? Genau, einen Kaffee trinken. Der Essener Hauptbahnhof hat nach langem Umbau und der Neueröffnung im Januar ja ein attraktives Erscheinungsbild und zahlreiche gastronomische Optionen zu bieten. Also, was soll’s. Etwaige Verspätungen hatte ich ohnehin eingeplant. Ich entscheide mich für Starbucks, bestelle einen Caffé Latte, setze mich und lese mal wieder in Richard Dawkins Buch Der Gotteswahn den Abschnitt über die höchste Form der Boeing 747. Sehr unterhaltsam. Es ist der zweite Kaffee an diesem noch jungen Tag, und der treibt. Wo denn die Toilette ist, wollte ich vom Personal hinter dem Tresen wissen.
„Wir haben leider keine“, antwortete mir der junge Mann.
„Wie? Sie haben keine? Bei so vielen Sitzplätzen muss ein Gastronomiebetrieb doch Toiletten haben“ fragte ich ungläubig.
Die Antwort kam so prompt, wie der Kassenautomat am Bahnhofsklo Münzen schluckt: „Wir hätten gerne welche, aber die Deutsche Bahn hat es den Betreibern in neu bezogenen, modernisierten Bahnhöfen untersagt, welche einzubauen. Wir müssen die Gäste deshalb zum Bahnhofs-WC schicken.“
„Und die kosten sicher Geld, oder gibt es für Ihre Gäste WC-Gutscheine?“
„Gibt es nicht. Aber seien Sie froh, in Essen sind die Toiletten noch billig. In Köln kostet der Besuch mehr als das Doppelte“, versuchte mich der Service zu beschwichtigen.
Die Geschichte klingt, vorsichtig formuliert, seltsam. Kann die Bahn tatsächlich derartige Vorgaben machen? Ich kontaktiere die Pressestelle der DB. Von dort kommt die Kunde, dass es derartige Vereinbarungen definitiv nicht gibt. Schiebt in diesem Fall also nur ein Gastronom, der sich die teure Einrichtung einer Toilette sparen will, den Schwarzen Peter der Deutschen Bahn zu? Es scheint fast so.