
Im Normalfall bin ich fürs Kochen zuständig. Mache ich auch gerne, na ja, meistens jedenfalls. Ich ernte dafür reichlich Dankeschöns und ehrliche Kritik, wenn’s mal nicht so schmeckt. So weit, so okay. Um so mehr genieße ich es, bekocht zu werden, ich meine privat, nicht im Restaurant. Da ich asiatische Küche nicht in meinem Repertoire habe, jedenfalls nicht so, dass ich es guten Gewissens auftischen würde, freue ich mich wie Bolle, wenn meine Liebste Asiatisch kocht. Heute war so ein Tag.
Noch mehr als das bekocht werden schätze ich das gemeinsame Essen mit vertrauten Menschen. So ritualisiert es in meiner Kinder- und Jugendzeit daheim gepflegt wurde und so einschränkend, unflexibel und spießig es mir genau deshalb oft vorkam, war es kein Wunder, dass ich noch viele Jahre danach mit dem genauem Gegenteil meinen Tagesablauf fütterte. Frühstück mal zuhause, mal im Büro. Mittags mal im Büro, mal in irgendeinem Imbiss. Abends mal zuhause, mal im Restaurant. Oder nur Snacks zwischendurch. Das Ritual war mausetot.
Und nun bin ich irgendwie wieder spießig. Jeden Wochentag gibt’s Müsli zum Frühstück, bei dem nur das Obst jahreszeitmäßig wechselt. Jeden Sonntagmorgen backe ich Pfannkuchen. Und Frühstück ist bei uns Familiensache. Mittags esse ich zumeist alleine, lässt sich nicht anders machen, aber auch das ritualisiert. Es gibt Vollkornbrot mit deftigen Belägen und Milchkaffee. Abends wird dann warm gekocht. Und wenn eine intensive Trainingseinheit ansteht, dope ich mich nachmittags mit Kuchen. Und einem weiteren Milchkaffee.
Es ist inzwischen ein paar Jahre her, als mir beim Füttern meines damals kleinen Sohnes, in einem Moment dieser intensiven Blickkontakte, dämmerte, dass Essen eine Form der Zuwendung ist und der Mensch dabei im Mittelpunkt steht. Das Familienessen ist angesichts der massiven Ausfransung von Arbeitszeiten zweifellos viel schwerer zu realisieren als in den 1960er und 70er Jahren. Aber es erfüllt nun mal eine Art Selbstvergewisserung der Gemeinschaft. Unabhängig davon, ob es sich um eine Familie oder um eine Schul- oder Wohngemeinschaft handelt. Bei aller notwendigen Diskussion um Nährwertangaben und Ampeln auf Lebensmitteln – die soziologische Komponente des Essens verschwindet nahezu komplett aus dem Blickfeld der Gesellschaft. Und das finde ich ähnlich problematisch. Wir sollten uns wieder mehr damit befassen.