
Die Zeitschrift Sternklasse von Uta Bühler hat in ihrer neuesten Ausgabe eine interessante Umfrage unter Spitzengastronomen zur Bedeutung bundesweit erscheinender Restaurantführer veröffentlicht. Ziel der Umfrage war es, herauszufinden, welchen Auszeichnungen die bewerteten Betriebe den höchsten Stellenwert beimessen.
Es wundert den kompottsurfer nicht, dass der Guide Michelin an erster Stelle liegt. Er hat in Deutschland nun mal die längste Tradition, und die von ihm vergebenen Sterne haben als Auszeichnung die größte Strahlkraft. Zudem hat er gerade in den letzten Jahren unter Beweis gestellt, dass er die neuen Entwicklungen der Haute Cuisine verstanden hat und die besonderen Leistungen der Avantgarde richtig einordnen kann (s. auch kompottsurfer-Interview mit Michelin-Chefin Juliane Caspar). Erstaunlich ist aber, wie unumstritten der Michelin vorne liegt. 84 Prozent aller 440 Gastronomen, die sich an der Umfrage beteiligten, setzten in ihrem Ranking der Guides den Michelin auf Platz 1. Nur 17 Prozent den Gault Millau und 14 Prozent den Feinschmecker.
Die Autoren der Beiträge rund um die Ergebnisse der Umfrage werfen zudem einige Fragen zur Unabhängigkeit und Qualität der Gastronomieführer auf. So weist zum Beispiel WAMS- und Zeit-Autor Robert Lücke auf die vielen Gerüchte um den Marcellino’s hin: „Da ist von Menschen die Rede, die den Wirten Kaffeemaschinen, Wein und anderes verkaufen wollen und dafür gute Tests versprechen.“ Der kompottsurfer hat die Marcellino’s-Urteile immer mit großer Skepsis gesehen, muss aber Erfinder Marcellus Hudalla zugestehen, dass er mit dem Büchlein seinerzeit das richtige Näschen für eine echte Marktlücke entdeckt hatte. Wie einträglich das Geschäft mit seinen Guides noch ist und jemals war, darüber wird Hudalla aber wohl kaum Auskunft geben.
Ralf Flinkenflügel, Chefredakteur des Michelin Deutschland, lässt im Interview in Sternklasse jedenfalls Raum für die Interpretation, dass sein Guide nicht unbedingt Gewinne abwerfen müsse, da er von jeher ein wichtiges Marketinginstrument des Reifenherstellers Michelin sei. Aber es soll ja auch Sternerestaurants geben, die nicht auf schwarze Zahlen angewiesen sind, weil sie das Renommée bestimmter Hotelketten wachsen lassen sollen. Den Käufern und Kunden soll’s in beiden Fällen recht sein. Der Konkurrenz vermutlich nicht.