Gastgewerbe: Freiheit für die Toiletten

Fraulein Coffea Bochum: 70er Wohnküche

Was sagten die Generationen unserer Eltern und Großeltern noch gleich über die Qualität von Gastwirtschaften? „Schau‘ erst mal auf der Toilette nach, Junge. Und wenn die sauber ist, kannst du davon ausgehen, dass auch in der Küche sauber gearbeitet wird.“
Nun ja, die Erkenntnis habe ich tatsächlich lange beherzigt. Nur war die Toilette zwar oft sauber, aber das Essen machte nicht immer den Eindruck als wäre es aus einer gepflegten Küche gekommen. Da wurde die Klofrau vermutlich besser bezahlt als das Küchenpersonal.
In letzter Zeit stelle ich vermehrt fest, dass neueröffnete Cafés für die Gäste gar keine Toiletten mehr anbieten. Dürfen die das? Ja, sie dürfen. Toilettenfreiheit heißt das im Fachsprech. So lange keine alkoholischen Getränke serviert werden, braucht’s keine keramische Abteilung mehr. Die Gaststättenverordnung macht’s seit ein paar Jahren möglich. Modifiziert für die Koffeinisierung des Bäckereiwesens. Lobbyarbeit von Kamps & Co., vermute ich mal.
Auch das Fräulein Coffea in Bochum hat keine Gästetoilette. Dabei fördert das Ambiente – Reinkarnation einer 70er-Jahre-Wohnküche unter Gestaltungskontrolle antiautoritär erzogener Dreikäsehochs – den Mussmalpipidrang. Eine Empfehlung ist das Café trotzdem. Prima Kuchen, liebevoll kreierte Stullen, heißer, schmackhafter Kaffee und sehr freundliches Personal. In der Seitenstraße, eine Ecke weiter, ist übrigens eine Baustelle. Wer also unbedingt mal strullen muss … .

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