
Früher war Magengrummeln nur ein Magengrummeln. Inzwischen ist mir aber der selbstverständliche Umgang mit einer so unspezifischen und harmlos scheinenden Symptomatik gründlich abhanden gekommen. Sind das schon die Vorboten von EHEC und HUS? Im Kopf gehe ich dann schnell die letzten Tage durch. Wo bin ich gewesen, was habe ich angefasst, und was habe ich gegessen. Okay, ich geb’s zu, inzwischen pflege ich sogar ein Online-Ernährungstagebuch. Kann ja ohnehin nicht schaden, mal die kalorischen Aspekte meines Essens zu verinnerlichen. In Wahrheit ist das aber nur dem Umstand geschuldet, dass die Ausbreitung des EHEC-Erregers weiterhin für steigende Fallzahlen sorgt – auch und gerade solche mit HUS-Symptomatik.
Jetzt also Sprossen. Tatsächlich wurde schon im vergangenen Juni vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) vor dem Konsum von Sprossen gewarnt, weil sie sich in Untersuchungen als wahrer Tummelplatz für Listerien, Salmonellen, E. coli-Bakterien, Noroviren und Hepatitis A-Viren entpuppt hatten. Warum den kompottsurfer der Verdacht, Sprossen könnten der ursprüngliche Bakterienherd sein, so beunruhigt, hat einen einfachen Grund: Wie viele Menschen um alles in der Welt essen in Deutschland regelmäßig Sprossen? Der kompottsurfer kennt keine Konsumzahlen, aber der Gemüsehändler meines Vertrauens verkauft das Zeug nur in vergleichsweise homöopathischen Dosen. Wenn es also tatsächlich die Sprossen sind, die den Ausbruch verursachten, dann dürfte der EHEC-Erreger schnell auf andere Lebensmittel übergegangen zugleich unglaublich resistent und über Mensch-zu-Mensch-Übertragung außerdem sehr verbreitungsfähig sein. Zugegeben, das sind allesamt Überlegungen, die nicht gerade zur Beruhigung beitragen, aber Beruhigung ist im Moment auch überhaupt keine Lösung.