Freiheit oder Fressverbote?

In der Holzausgabe des Spiegel berichtet der geschätzte Kollege Ullrich Fichtner über die Initiative von New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, Softdrinks in XXL-Format verbieten zu lassen. Hintergrund: Rund 65 Prozent aller erwachsenen US-Bürger gelten als übergewichtig. Eine tickende Kalorienbombe, die das amerikanische Gesundheitssystem zu sprengen droht, so explosiv entwickeln sich die Kosten durch Folge-Erkrankungen von Übergewicht.
Nun will Bloomberg XXL-Füllungen bei Softdrinks verbieten lassen, um ein Zeichen gegen unkontrollierte Kalorienzufuhr zu setzen. Zugleich begrüßte er aber Amerikas Nationalfeiertag des Donuts, der in den USA am 1. Juni gefeiert wurde. Lassen wir mal die aberwitzige Widersprüchlichkeit von Bloombergs Verhalten Außen vor und stellen uns mal nicht nur die Frage, ob die Verbote tatsächlich etwas bewirken können. Denn es geht um mehr: Freiheit.
Wie stark darf der Staat das Konsumverhalten seiner Bürger einschränken, ohne deren Freiheit zu tangieren? Wo fängt die Freiheit des Einen an, wo hört die des Anderen auf? Bei Zigarettenkonsum fällt die Abgrenzung noch vergleichsweise leicht. Wer raucht und dabei andere mit seinem Qualm belästigt oder sogar auf Dauer schädigen könnte, muss seiner Lust, seinem Laster, wie auch immer, dort frönen, wo er Nichtraucher nicht stört. Nun könnte man auch versuchen, die Logik auf den Konsum von Alkohol anzuwenden. Nach dem Motto, wer Alkohol trinkt, gefährdet den Straßenverkehr, die Kommunikation in der Familie, die Arbeit in der Firma. Wer aber Single ist, dazu Rentner und Alkohol nur Zuhause trinkt und danach nicht vor die Tür geht, der sollte keine direkte Gefährdung für die Allgemeinheit darstellen. Oder?
Aber was ist nun mit den Übergewichtigen? Wen gefährden sie direkt, wenn sie zuviel essen? Tja, da wird die Argumentation schon schwieriger, und deshalb wird das Feld der Folgekosten beackert. Die Kostenexplosion belastet das Gesundheitssystem und deshalb unser aller Freiheit, eventuell weniger Beiträge zahlen zu müssen. So könnte man argumentieren. Ein, zwei Gedanken gesammelt und schon fällt auf, dass man dieses Argument auf Raucher und Trinker ebenfalls anwenden kann. Zusätzlich zu den anderen Argumenten. Risikosportler fielen mir auch noch ein und Leute, die körperliche Aktivität für ein Kapitalverbrechen halten. Wer lange genug sucht, wird bei einem erheblichen Teil unserer Gesellschaft Verhaltensweisen und Konsum entdecken, der relevante gesundheitliche Folgekosten nach sich ziehen könnte.
Aber was ist mit der Freiheit zur Selbstzerstörung? Die sollte doch jeder haben, oder vielleicht doch nicht? Weil nämlich vor jeder Selbstzerstörung der Kostenapparat angeworfen wird, um die Selbstzerstörung hinauszuzögern. Und schon sind wir wieder bei den Krankenversicherungsbeiträgen und dem Argument, dass die Gemeinschaft der Versicherten für das vermeintliche Fehlverhalten der anderen mitbezahlen muss. Wie schwer aber wiegt dieses Fehlverhalten? Wie falsch parken? Wie betrunken Autofahren?
Man könnte dieses Spiel endlos weitertreiben. Am Ende aber ist es eine Frage der Abwägung, wie auf bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen bei Ernährung und Genussmitteln reagiert werden muss. Natürlich sollten Nahrungsmittel verboten werden, wenn sie akut gesundheitsgefährdend sind. Darüber dürfte Einigkeit herrschen. Aber ist EINE XXL-Cola gesundheitsgefährdend? Oder ZWEI XL-Colas? Von allen Möglichkeiten, das Problem des Übergewichts in den Griff zu bekommen, ist die Regulierung von Gebindegrößen nach Ansicht des kompottsurfers die patentiert haarsträubendste Idee.

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