Transalpine Run 2012, Etappe 3: Downgrade auf Filterkaffee und wilde Blaubeeren als Wegzehrung

Heute zum Frühstück hätte ich Latte Macchiato trinken können. Ausnahmsweise. Denn in der Regel ist nur Filterkaffee im Angebot. Aber manchmal bin ich abergläubisch. Warum etwas ändern, wenn bisher alles gut lief? Außerdem fürchtete ich zuviel Schleimbildung durch die Milch, also beließ ich es bei Filterkaffee. Der Genussmensch in mir sträubte sich zwar, aber vergebens.
Die dritte Etappe sollte uns von Kitzbühel nach Neukirchen am Großvenediger führen. 46, 5 Kilometer mit Anstiegen, die uns erstmals auf Berge oberhalb von 2.000 Metern üNN bringen würden. Highlight: der Wildkogel. Bereits um 7 Uhr wurde gestartet, weil die Etappe lang werden würde. Die ersten Verschleißerscheinungen machten sich im Feld breit, und das Ärzte und Versorgungsteam hatte bereits vor dem Startschuss einige Blasen zu versogen und man verklebte sonstwie lädierte Füße und Knie mit Tapes.
Zunächst ging es die legendäre Skipiste „Streif“ hinauf zum Hahnenkamm. Steil, aber technisch zum Glück nicht anspruchsvoll. Danach weiter zur Rettensteinalm. Nach dem Aufstieg zum Schöntaljoch und vorbei an der Herrensteigscharte erreichten wir auf einer Hochebene (2.000 m üNN) eine Oase wilder Blaubeersträucher mit reifen Früchten, die nur darauf warteten gepflückt und auf der Stelle verzehrt zu werden. Köstlich! Vorhin beim Abendessen fragte ich Philipp Reiter, der inzwischen mit Iker Karrera souverän die Gesamtwertung anführt, ob sie da vorne im Feld überhaupt einen Blick für so was hätten. Zu meinem Erstaunen antwortete Philipp: „Klar! Wir sind da mit dem Handkamm durch und haben dabei einige Beeren erwischt. Lecker!“ Na, hoffentlich war nicht zu viel Gestrüpp dazwischen.
Die Etappe war extrem ermüdend, aber allein der Blick vom Wildkogel auf die Spitze des Großvenediger, die über eine dichte Wolkendecke hinausragte, war so imposant, dass es mich die letzten Kilometer hinunter fast von selbst trug. Meine Teampartnerin Birte, die schon vor dem Rennen für sich größte Vorsicht beim Downhill reklamiert hatte, gab mir für den wunderschöne Abwärtspassage vom Wildkogel hinab sozusagen den Laufpass. Ich kachelte und sprang also im Affenzahn über Steine und Wurzeln und wartete zwei Kilometer weiter unten keuchend, adrenalinbetankt und mit der Kamera im Anschlag darauf, dass meine Begleiterin aufschloss. Mit 8:46 Stunden wurde es ein sehr langer Tag, an dem weitere 25 Teams ausschieden. Von 290 waren jetzt nur noch 242 im Rennen.
Zum Essen sind wir vorhin mit der Seilbahn zur Wildkogel-Bergstation hochgefahren, wo wir ja schon am Nachmnittag vorbeigelaufen waren. Auf dem Weg zur Seilbahn bin ich doch tatsächlich über eine Bordsteinkante gestolpert. Tss, da kommt man heil durch schwierigstes Gelände, und am Ende schießt man sich an einer Bordsteinkante weg. Zum Glück konnte ich mich noch rechtzeitig abfangen. Oben gab’s dann unter anderem sehr schöne Salate, die ich mit Kürbiskernöl veredelte. Dazu ein üppiges Reisgericht und reichlich Petit Fours. Ach ja: Beim Bier habe ich inzwischen auf alkoholisiertes umgestellt. Schmeckt besser, und die dezente Dröhnung hilft beim Einschlafen im Camp.

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