
Nein, es geht diesmal nicht um Mülltauchen, Containern oder Dumpstern. Nicht um Essensretter, die Nahrungsmittelvernichtung verhindern wollen und sich mit dem Gesetz anlegen. Es geht um freies Obst für freie Bürger, wie die Betreiber der Internetplattform mundraub.org ihr Ansinnen umschreiben. Auf deren Webseite können Nutzer öffentlich zugängige Stellen eintragen und finden, an denen unter anderem Birnen, Äpfel, Pflaumen und Beeren wachsen. Damit das Obst nicht unbeachtet vom Baum oder Strauch fällt oder daran vertrocknet. Im Prinzip eine wunderbare Idee, wenn es genug Leute gibt, die mitmachen. Im Moment fehlt es ein wenig an Neueinträgen, aber das wird sich hoffentlich schon bald ändern. Denn die Erntesaison steht an.
Gesucht werden kann nach Orten im gesamten Bundesgebiet, teils sogar darüber hinaus. Allein im Ruhrgebiet finden sich reichlich frei zugängliche Stellen, an denen der Obstfreund fündig werden kann. Allerdings sollten die Mundräuber ein paar Regeln beachten und zum Beispiel die Frage klären, ob wirklich keine Eigentumsrechte verletzt werden. Sie sollen behutsam mit den Pflanzen umgehen, eigene Entdeckung mitteilen und zur Pflege und Nachpflanzung von Obstbäumen beitragen.
Aber woher weiß man als potentieller Mundräuber, ob vom entdeckten Obstbaum tatsächlich etwas abgeerntet werden kann? Tja, einzelne Bäume in städtischen Parks oder nahe stillgelegten Bahngleisen sind in der Regel unproblematisch. Ansammlungen von mehreren Obstbäumen am Straßenrand vermutlich Privatbesitz. Im Zweifel schafft schon ein Anruf im Grünflachenamt Klarheit.
Bei meiner Alpenüberquerung im vergangenen Jahr stieß ich auf über 2.000 Meter Höhe auf eine riesige Ansammlung wilder Blaubeersträucher, die reichlich reife Früchte trugen. Es war ein Hochgenuss, mir ein paar handvoll davon als Wegzehrung einzuverleiben. Sie schmeckten besser als alles, was ich jemals zuvor an Blaubeeren gegessen hatte. Die Betreiber von Mundraub legen Wert darauf, zum Schutz der vielen wilden Obstbäume und -sträucher beizutragen, denn sie erweitern die Biodiversität. Sonst schmecken schon bald nicht nur alle Blaubeeren gleich, und das wäre ein Jammer.