Ist Grünkohl wirklich grausig?

Wenn man Deutschlands einstigem Gastronomiekritikerpapst Wolfram Siebeck Glauben schenkt, ist Grünkohl ein grausiger Strunk. In seiner aktuellen Kolumne Siebecks Seitenhiebe im Gourmet Journal Der Feinschmecker versteigt er sich jedenfalls zu einer solchen Behauptung. Und verweist auf weitere Gründe, „Grünkohl nicht zu den essbaren Genussmitteln zu zählen“. Hat Siebeck recht?
Hat er nicht, findet der kompottsurfer. Viele Spitzenköche haben längst den Beweis angetreten, dass Grünkohl durchaus Teil eines wunderbaren Essens sein kann. Matthias Schmidt in der Frankfurter Villa Merton zum Beispiel, dessen regionale Küche dem Michelin zwei Sterne wert ist. Oder Michael Kempf im Berliner Facil. Deutschlands bester Koch, Joachim Wissler, aus dem Vendôme in Bergisch-Gladbach sagte vor einer Weile der Zeitung Die Welt in einem Interview auf eine Frage zur Pflege regionaler Küche folgendes: „Ich hätte sehr gerne sehr guten Kohl für guten Grünkohl, den kann ich aber nicht selber anbauen.“
Es gibt gute und schlechte Kartoffeln, gute und schlechte Austern, gute und schlechte Äpfel und guten und schlechten Grünkohl. Aber ein Lebensmittel ist nicht prinzipiell gut oder schlecht. Mit Hybris lässt sich medial vielleicht gut provozieren, aber sicher nicht innovativ kochen.

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