Es gibt eine Reihe Winzer, deren Weine ich erst durch den rewirpower-Weintest kennen- und schätzen gelernt habe. Bergdolt-Reif & Nett sind so ein Fall. Ich mag aber nicht nur deren Weine sondern freue mich auch über den Mut des Hauses, die Bildungsinitiative Show Racism the Red Card offensiv zu unterstützen.
Kürzlich war ich für einige Tage in der Pfalz unterwegs, und da lag es auch geographisch nah, mal in Duttweiler vorbeizuschauen. Nach dem ersten Schock beim Betreten des Hofes, als mich eine schrille Telefonklingel in Alarmanlagenlautstärke dem Herzinfarkt gefährlich nahe brachte, sorgte das gewinnende Lächeln der herbei eilenden Silja Schmid für erste Beruhigung. Die junge Sommeliere hat vor nicht allzu langer Zeit von der Gastronomie in den Weinhandel gewechselt und kommuniziert die Nett-Weine auf Fachmessen, Events und im Hofverkauf. In der Probierstube des Dreigenerationenbetriebs gab es dann auch gleich reichlich guten Stoff zu verkosten. Nicht zuletzt Weine aus Jahrgängen, die nur noch in Einzelflaschen verkauft werden. „Ich entscheide dann nach Sympathie, ob jemand was davon mitnehmen kann, “ sagte sie mit einem schelmischen Grinsen.
Es wurde eine sehr unterhaltsame Verkostungstour durch die Weine des Hauses, das auf Lagenbezeichnungen verzichtet und stattdessen auf dem Flaschenetikett die Stilistik der Weine verschlagwortet. Creation u.a. für eine Reihe Cuvées, die durchgängig ein erstaunlich gutes Preis-Leistungsniveau bieten, wie die Leib & Seele-Linie (Weiß: Gewürztraminer, Rivaner und Kerner. Rot: Portugieser und Dornfelder). Tradition steht für, na klar, die experimentelle Linie. Quatsch, es sind die zumeist rebsortenreinen Basisweine des Hauses, die unter dieser Bezeichnung verkauft werden. Und dann gibt es noch die Avantgarde-Weine, denen das Weingut eine längere Reifezeit genehmigt. Spitzenweißweine aus besten Parzellen, die erst ab Mai des auf die Ernte folgenden Jahres in der Verkauf gehen und Rotweine, die im Doppelstück-Holzfass bzw. Barrique gereift und erst 18 Monate nach der Ernte zu haben sind. Prestige schließlich steht für Weine aus der Spitzenlage Mandelberg.
Vielleicht wird es demnächst eine neue Creation aus dem Hause Nett geben. Beim heiteren Verkostungsgespräch entstanden lustige Ideen mit Provokationspotential. Wenn daraus etwas wird, lässt es der kompottsurfer seine Leser natürlich umgehend wissen.