Neues vom Flexitarier

Flexitarische Ernährung: mal Currywurst, mal Pommes

Ja, auch für Leute wie mich gibt es eine Typisierung, wie ich vor einer Weile feststellen durfte, oder besser: musste. Ich bin ein Flexitarier, ob ich will oder nicht. Ich will nicht, soviel zur Klarstellung. Aber nach Lehrmeinung der Ernährungspolizei sind Menschen, die auch mal Gerichte ohne Fisch und Fleisch essen, Flexitarier. Andere sagen: Gelegenheitsvegetarier.
Hauptsache man ist irgendwas. Früher definierten sich die Menschen auf der Nordhalbkugel über Religionszugehörigkeit oder die politischen Standorte Rechts, Mitte, Links. Aber das ist irgendwie aus der Mode gekommen. Inzwischen vereint die Haltung zum Essen Glaubensfragen und politische Orientierung. Längst haben auch die Marketingstrategen der Nahrungsmittelindustrie das Potential erkannt, das anfangs nur in der Bezeichnung „Bio“ lag, heute aber eine Vielzahl an vermeintlichen Gütesiegeln umfasst.
Erst neulich las ich in der Holzausgabe des stern über den Wahnsinnserfolg des vegetarischen Schinkenspickers aus der Rügenwalder Mühle, bekannt auch aus einem aktuellen TV-Spot Da schafft es ein im Kern durch und durch fleischiges Unternehmen doch tatsächlich, mit einer vegetarischen Variante seines Schinkenspickers die vier- bis fünffache Menge des Originals zu verkaufen. Was für ein Coup! Das wäre ungefähr so, als würde die Lufthansa Bahnreisen in diverse deutsche Großstädte verdealen und davon ein Vielfaches ihrer Flugtickets absetzen. Auch da würde man auf Sieg des guten Gewissens spielen, schließlich dürften innerdeutsche Bahnreisen ökologisch unbedenklicher sein als Flugreisen.
Aber was ist überhaut drin, in den fleischfreien Wurstartikeln? Nun ja, neben zahlreichen Würzmitteln vor allem jede Menge Eiklar und Rapsöl. Womit die Wurst schon mal nichts für Veganer wäre. Aber für die gäbe es ja noch das vegane Mett. Bei dem gegenwärtigen Verkaufserfolg vegetarischer Wurstsorten mag man die Menge an Hühnereiern nicht ausrechnen, die so vielen Vegetariern und Flexitariern Wurst sind. In der Süddeutschen Zeitung gab es schon im vergangenen Jahr einen Beitrag über einen vegetarischen Metzger zu lesen, und natürlich musste man auch da genau auf den Erscheinungstermin des Beitrags schauen und sicherstellen, dass es nicht der 1. April war. Nein, es war kein Aprilscherz.
Welche glaubhaften Scherze über Ernährungsweisen lassen sich überhaupt noch machen, ohne Gefahr zu laufen, von der Wirklichkeit eines Besseren, eines Unlustigen belehrt zu werden, fragt sich der kompottsurfer einen Tag vor dem 1. April.
Eine Nacht bleibt noch, darüber nachzudenken.

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