Angst und Schmerzempfinden für Pflanzen nachgewiesen: Wie neueste Forschung Veganer mit Gewissensbissen füttert

Vor fünf Jahren war der Unterton noch ein belustigter, wenn über Forschung berichtet wurde, die der Gefühlswelt von Pflanzen auf den Grund geht. Heute, in einer Zeit, wo Veganismus bisweilen religiöse Züge annimmt, ist mit so was nicht mehr zu spaßen. Da landet man bei Facebook schneller auf einer Ignorierliste als man „Fleisch“ sagen kann. Und nun rauscht diese Nachricht durch den Blätterwald: Pflanzen haben Gefühle und können sogar Furcht empfinden.
Wirklich neu ist die Erkenntnis allerdings nicht. Professor Dr. Edgar Wagner, der an der Freiburger Universität lange Zeit Molekulare Pflanzenphysiologie gelehrt und dazu geforscht hat und viele andere seiner Kollegen erklärten in der Vergangenheit über die Medien immer mal wieder, wie sensibel so manches Grünzeug ist. Einige Pflanzen sollen sogar hören können, manche mögen angeblich Klassische Musik. Dank neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse, die an der Columbia University, Division of Plant Sciences, gewonnen wurden, wissen wir jetzt auch, dass Pflanzen so etwas wie Angstreaktionen zeigen, bevor es ihnen ans Leben geht, das gilt zumindest für die untersuchte Arabidopsis Thaliana, ein Kressegewächs, das in Deutschland unter dem so sperrigen wie erheiternden Namen Acker-Schmalwand geführt wird.
Welche Schlüsse können die Menschen aus diesem Wissen ziehen, vor allem die ethisch motivierten Veganer, die nicht aus gesundheitlichen Gründen auf Lebensmittel tierischen Ursprungs verzichten, sondern weil sie nicht am Töten von Tieren Schuld sein wollen? Darf der Mensch also nicht nur Tiere nicht essen sondern auch Pflanzen nicht? Was sagen die Philosophen, ein Berufszweig, dem man im Allgemeinen noch am ehesten zutrauen kann, die ethischen Aspekte dieser Frage herauszuarbeiten? Der australische Philosoph Peter Singer ist zum Beispiel einer, der sich als Bioethiker intensiv mit der Thematik befasst hat. Allerdings sind einige seiner Thesen sehr umstritten, was auf seinem Arbeitsfeld natürlich alles andere als ein Alleinstellungsmerkmal ist. Singer geht, um es kurz zu machen, davon aus, dass Leben schützenswert ist, wenn es über Selbstbewusstsein verfügt, sozuagen eine Art Ich-Gefühl besitzt. Unabhängig, ob man diese Ansicht teilt, lässt das natürlich Interpretationsspielräume in alle Richtungen zu. Der kompottsurfer fragt sich: Ist es überhaupt möglich Angst zu haben, wenn man kein Ich-Gefühl besitzt? Haben also auch Pflanzen ein Ich-Gefühl? Welche Ich-Gefühle darf ich verletzen, um satt zu werden und welche nicht? Ein Thema, bei dem einem glatt der Appetit auf ein veganes Mettbrötchen vergehen kann, wenn man zulange darauf herum kaut.
In jedem Fall bringen die Erkenntnisse über das Pflanzengefühl neuen Schwung in die Moraldiskussion zum Thema Ernährung. Wer danach strebt, ethisch unangreifbar zu leben, dem dürfte es in Zukunft nicht nur schwerer fallen satt zu werden, sondern auch Fleisch- und Käse-Essern mit der Moralkeule eins überzubraten. Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Umstand, dass Pflanzen extremere Empfindungen haben, als wir Menschen bisher für möglich hielten, ist natürlich alles andere als ein Signal, ethische Gesichtspunkte beim Essen komplett außer Acht zu lassen. Man denke nur an Massentierhaltung. Aber es relativiert aus Sicht des kompottsurfers eine oft allzu rigoros, ja geradezu feindselig geführte Diskussion zum Thema. Vielleicht fällt der Lebensmittelindustrie ja eines Tages eine derart lecker und gesunde synthtische Nahrung ein, dass wir alle nichts anderes mehr wollen. Und jede ethische Diskussion wäre überflüssig.

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