Der kompottsurfer hat endlich wieder ein Netz. Eine arbeits- und bewegungsreiche Woche in den Bergen im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Italien ist vorüber, und wieder einmal endet sie mit der Erkenntnis, dass Franzosen und Italiener in den alpinen Regionen zwar nicht immer solide Internetverbindungen zur Verfügung haben, aber dafür eine kulinarische Kultur pflegen, die es einem schwer macht, wieder wegzufahren.
Wenn man sieht, mit welcher kulinarischen Hingabe sogar die Zuschauer an der Strecke eines zweitägigen Berglaufwettbewerbes ihr Essen zelebrieren – und das im tiefsten alpinen Nirgendwo – dann erkennt man, dass die Verwurzelung von Genusstradition in einem Land nicht mit der Anzahl der Sternerestaurants korrelieren muss. Denn in Deutschland gibt es mittlerweile jede Menge großartiger Gastronomien. Aber in unkomplizierter kleiner Runde hat gerade mal die Zubereitung eines Stück Fleischs auf dem Grill und eine Portion Kartoffelsalat Tradition. Ansonsten herrscht allzu oft nur einfallslose Chips-Geselligkeit. Wobei der kompottsurfer nix gegen Chips hat, im Gegenteil.
Und Frankreich? Da bereiten sie in einer traumhaft schönen Vollmondnacht an einer Rennstrecke in riesigen gusseisernen Pfannen großartige Diots zu, eine Savoyer Wurstspezialität, die aus Schweinsgehacktem und Kohl besteht, gewürzt ist vor allem mit Muskatnuss und in einer Rotweinsauce mit Zwiebeln erwärmt und serviert werden. Und dann diese Polenta dazu als Beilage. Zubereitet mit Reblochon, einem würzigen Kuhmilchäse. Großartig. Für das flüssige Wohl sorgte ein Chautagne Mondeuse, ein Rotwein aus der Region und von einer einheimischen Rebsorte, die außerhalb Frankreichs kaum bekannt ist. Auch das ist das Schöne an unkomplizierten geselligen Ereignissen in Frankreich. Man bekommt Zugang zu regional verankerten Genüssen, welche die eigenen Genusswelten erweitern. Ist das ein Grund auszuwandern? Nicht wirklich. Aber mehr dafür zu tun, auch bei uns Genuss und unkomplizierte Geselligkeit enger miteinander zu verbinden. Das geht nicht im Spitzenrestaurant sondern nur im Alltag daheim. Packen wir’s an.