Keine Frage, der Gastronomiekritiker Wolfram Siebeck, aufgewachsen in Bochum, frankophil durch und durch, war umstritten. Da waren nicht nur die Gastronomen, die sich von ihm dann und wann ungerechnet behandelt fühlten. Da waren auch die Leser seiner Kolumnen (u.a. ZEIT, Der Feinschmecker, stern) , die seine harsche Kritik an Deutschlands bedauernswerten Esskultur überzogen fanden. Auch der kompottsurfer zählte dazu, jedenfalls manchmal.
In einer Zeit als die Menschen in Deutschland gegen Atomraketen protestierten, sinnierte Siebeck über die Qualität unseres Essens, vor allem unserer Grundprodukte, empfahl, ruhig mal ein paar zig Kilometer Anfahrt in Kauf zu nehmen um gutes Brot zu kaufen oder gutes Fleisch. Das wurde ihm seinerzeit gerne als Snobismus ausgelegt. Aber es war alles andere als das. So mahnte er denn auch schon artgerechte Tierhaltung an, als sich in Deutschland noch niemand darum scherte.
Heute wissen wir: Er war ein Vorreiter. Einer der das sogenannte deutsche Küchenwunder mit zu verantworten hat, das man gerne Sternekoch Eckart Witzigmann zuschreibt. Aber ohne Witzigmanns Einfluss schmälern zu wollen, war es Siebeck, der in Deutschland das Feld für gutes Essen und gute Grundprodukte bereitete.
Er hat seine Arbeit getan. Und dazu immer gerne gut gespeist. Wenn ihm jemand in seinen Anfangsjahren gesagt hätte, dass er noch Zeiten erleben werde, in denen es in Deutschland hunderte Sternerestaurants geben würde – er hätte vermutlich schallend gelacht.
Nun ist er nicht mehr unter uns. Aber sein Engagement hat gewirkt. Auch der kompottsurfer sieht sich zumindest ein Stück weit in der Tradition Siebecks. Und das nicht nur, weil wir im gleichen Ort aufgewachsen sind.