Zu doof zum Fast-Food-Essen.

Was Hunger wirklich bedeutet, wie er sich anfühlt, davon haben die allermeisten Menschen in Deutschland keine Ahnung. Und so klingt es schon ein wenig albern, wenn ich Hunger als Rechtfertigung für meinen Besuch im Restaurant einer internationalen Fast-Food-Kette anführe, die ich sonst so gut wie nie besuche. Echt gezz. Aber der Magen knurrte nun mal, gestern Nacht auf der Autobahn, irgendwo in Süddeutschland. Und die selbstgemachte Wegzehrung, Couscous-Salat und Käsestullen, war längst vertilgt; das Ziel der Fahrt noch längst nicht in Sicht. Also hielt ich vor einer dieser Raststätten, die Burger-Nähe pflegen.

Auf dem Parkplatz muss ich schon das erste Mal tief durchatmen. Aus der einen Richtung weht der Duft von gebratenem Fleisch herüber, aus der anderen der nach Tiermist. Ein Viehtransporter mit nervösen Rindviechern auf dem Weg zum Schlachthof parkt gegenüber. Drive In wäre ein bisschen eng geworden, deshalb spaziert der Fahrer des Trucks über den normalen Eingang rein und raus – in Hand und Mund einen Burger, dessen Grünzeugbelag und Sauce sich schon über die Finger des Mannes verteilt hatten. Ich weiß genau, was er gerade durchmacht.

Also gegrilltes Rind in der Fernfahrerpranke und noch lebendiges auf dem Laster. Eine Situation, die man sich nicht ausdenken würde, so plakativ wie sie ist. Ich weiß, dass mir die Geschichte trotzdem keiner abkauft. Aber genauso wie beschrieben war das. Doppelschwör!

Ich also rein. Ein paar junge Menschen stehen vor einem Bildschirm und tippen Bestellungen ein. Innerhalb von 60 Sekunden fällt mindestens dreimal das Wort nice. Ich habe keine Ahnung, was diese Kids nice finden, das Gerät oder das Angebot. Oder beides. Ich mache ganz nice einen auf oldschool. Und will an der Theke bestellen. Das erweist sich als nicht so einfach, wenn man mit den Menüoptionen, Angeboten und Preisen nicht so vertraut ist. Die Jugendlichen stehen mittlerweile am Tresen und warten auf ihr Essen. Sie lächeln mir mitleidig zu. Als sei ich ein Opa, der ein iPad für ein Schneidebrett hält oder Facebook für zeitgemäß. Zu doof für Fast Food. Irgendwo hupt ein Automat, den keiner abstellt. Das nervt. Ich bestelle Menü. Die Mitarbeiterin fragt mich „Pommes oder Curryreis?“ Ich bin erfreut. Curryreis. Die machen Fortschritte. „Ja, ich nehme Curryreis.“

In der Zwischenzeit hatte ich mir bei anderen Besuchern abgeguckt, wie das mit der Ausgabe funktioniert. Bon aufbewahren schien wichtig zu sein, und tatsächlich musste man ihn abgeben, sobald das Essen aufgerufen wurde. Ich wartete länger als die anderen. Irgendeiner vor mir hatte außerdem seine Abholung verschlafen. Schön blöd. Kalt werden seine frittierten Calamari sicher nicht schmecken. Aber immerhin gibt es Calamari. Und Reis. Hätte ich nicht gedacht, dass sowas mal hier möglich sein würde. „Hallo, ihr Essen,“ spricht mich eine der Mitarbeiterinnen plötzlich an. „Nein, das ist nicht mein Essen,“ antworte ich lächelnd. Der hupende Automat hupte immer noch. „Ich habe keine Calamari bestellt, sondern Curryeis.“ „Ja, Curryreis!“ sagt sie, und deutet auf die Kringel. Ich lache. „Das soll Curryreis sein?“ Endlich stellt einer die Hupe ab. „Ja!“ sagt sie, immer noch freundlich und zeigt auf die Angebotstafel. Ich schaue genauer hin, was da unter den Kringeln steht: Curly Fries.

Nun hatte ich also weder Curry Reis noch Calamari, ich hatte Curly Fries. Schmeckte ein bisschen nach Kindheitserinnerung. Auch wenn ich die gebratenen Reste von Mamas Kartoffelpüree eindeutig vorziehe. Demnächst also wieder Pommes. Bloß keine Experimente.

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