Gestern lag wieder einer dieser Briefkastenverstopfer in der Post. Ein fettes Papiermonster mit Produktwerbung für Billigfleisch, Billigbier und Billigschnaps. Als kleines Extra lag sogar noch eine Probierpackung Würzbasis für Spaghetti Bolognese dabei. Auf der Rückseite fand sich ein Rezept zur Zubereitung von Spaghetti Bolognese. Dem angebratenen Hackfleisch, so stand dort zu lesen, möge man Wasser und die Würzbasis beifügen und schon sei die Sauce fertig. Soweit, so klar, so unakzeptabel für Leute, die auf selbstgemachte Saucen stehen.
Was aber wirklich bemerkenswert war: Der Hersteller warb auf der Rückseite doch tatsächlich damit, dass die Würzmischung vegan sei. „Geeignet für vegetarische und vegane Gerichte“ stand direkt unter dem Hackfleischrezept zu lesen. Und weil das alleine nicht schon kurios genug ist, amüsiert den Carnivoren auch ein Detail aus der Zutatenliste der Würzmischung: Kann Spuren von …Milch und Ei … enthalten. Und der Veganer mag sich veralbert vorkommen, mindestens.
Wie viele Veganer es in Deutschland gibt, darüber streiten sich die Gelehrten. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geht nach neuesten Zahlen von 3% Vegetariern hierzulande aus, der Vegetarierbund (VEBU) von 10%. Die Zahl der Veganer schätzt die Organisation auf 900.000, die Uni Göttingen auf 400.000. Das heißt, kaum mehr als 1% der Deutschen sind Veganer, aber die große Lebensmittelindustrie tut so, als wären es mindestens zwanzig bis dreißig Prozent, so umfänglich wie ihre Produkte mit dem Zusatz vegan bedruckt sind. Warum das Ganze? Weil dieser Trend ein lukratives Geschäft für die Industrie werden könnte. Ist zumindest meine Erklärung. Menschen die frisch und natürlich kochen kann man weniger Industrieprodukte verkaufen als denen, deren Maxime vegan lautet. Kein Wunder also, dass die Wucht des Trends zum Veganismus so durchschlägt, obwohl die Zahl der Veganer immer noch verschwindend gering ist. Natürlich ist mir klar, dass auch viele Veganer frisch kochen. Aber ich hab‘ schon einige Leute in Supermärkten erlebt, die den Einkaufswagen voller Fertigprodukte hatten, aber darüber redeten, wie wichtig ihnen die vegane Zusammensetzung ist. Vielleicht haben Marktforscher irgendwann mal herausgefunden, dass ein Teil der Deutschen nach Ersatzreligionen mit Moralkomponente sucht.