Der Butterberg ist geschmolzen, die Preise klettern. Aber wie schlimm ist das wirklich?

Ein Bericht der Financial Times sorgte vor einigen Tagen für Aufsehen, weil er dem Konsumenten eine unangenehme Wahrheit aufs Butterbrot schmiert: Die Butterpreise, in den letzten Monaten rasant gestiegen, werden auf hohem Niveau stabil bleiben, und möglicherweise wird es zu Weihnachten sogar zu einer Butterknappheit kommen. Ausgerechnet zu Weihnachten, wo früher regelmäßig Butter aus Lagerbeständen, die so genannte Weihnachtsbutter, deutlich verbilligt verkauft wurde. Wie konnte es dazu kommen? Und wo ist der Butterberg geblieben? Nun, der Butterberg ist schon vor längerer Zeit weitgehend geschmolzen, und das ist im Grunde auch gut so. Ausgelöst durch die 1984 europaweit eingeführte Milchquote sehendes Auges mehr Kühe mehr Milch produzieren zu lassen als nötig ist, hat nämlich etwas Unanständiges.
Auch wenn die Milchquote erst 2015 endgültig fiel, gab es schon vorher einige Achterbahnfahrten in Sachen Milchpreise, die gewöhnlich auf die Butterpreise durchschlagen. So stiegen diese in 2007 um 20%, fielen bis 2009 aber wieder um 15%, stiegen bis 2011 um satte 37%, sanken 2012 um über 13%, stiegen 2013 um 16% und wenn der geneigte Leser jetzt noch nicht abgehängt ist, lohnt auch noch der Blick auf 2015, dem Jahr der Freigabe des Milchmarktes, wo die Preise, erstaunlicher Weise, nicht extrem ausschlugen, sondern nur vergleichsweise leicht um 8,7% sanken. Was aber passierte, war, dass viele kleine Milchbauern die für sie unrentable Produktion endgültig drangaben, weshalb der Markt nun mengenmäßig allem Anschein nach in die Problemzone kommt, da die verbliebenen Großbetriebe den Mangel nicht so schnell wettmachen können. Und was passiert, wenn mehr Nachfrage als Angebot da ist? Genau. Da hüpfen die Euronen beim Einkauf nur so aus der Geldbörse. Zumal auch die Nachfrage steigt, weil Butter einfach beliebter geworden ist, seit der Vorwurf, mitverantwortlich für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sein, vom Tisch ist.

Worauf sich des Deutschen liebste Frage aufdrängt: Wer ist schuld an dem Schlamassel? Und die liebste Antwort gibt man gerne gleich hintendran: Die EU. Aber nein, so einfach ist es nicht. So lange wir eine Geiz-ist-geil-Mentalität pflegen, und beim Lebensmittelkauf die oberste Maxime nicht die Qualität sondern der Preis ist, wird es Verwerfungen geben. Und was machen wir jetzt? Nun ja, wir könnten zum Beispiel weniger Butter essen, dafür aber bessere. Nur so als Idee. Oder wir regen uns gar nicht erst auf, trinken ein lecker Schnäpsken und blicken staunend zurück auf die Preise früherer Tage. 1960 kostete nämlich ein 250-g-Päckchen Butter 1,65 DM. Das entsprach 0,6% des durchschnittlichen monatlichen Brutto-Arbeitslohns von 262 DM. Heute kostet ein 250-g-Päckchen 1,79 Euro, das entspricht 0,06% des durchschnittlichen monatlichen Brutto-Arbeitslohns von 2.875 €. Vielleicht drückt diese Zahl auch die verloren gegangene Wertschätzung aus, die wir unseren Lebensmitteln entgegen bringen.
UPDATE 27.2.1017: Spiegel Online berichtet heute über einen immensen Vorrat an Milchpulver in der EU in sagenhafter Höhe von 358.000 Tonnen. Wo der Butterberg geschmolzen ist, türmt sich also nun ein anderer Berg aus Milcherzeugnissen auf. Mehr dazu hier.

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