Ernährung in der Medienfalle: Warum die kritische Betrachtung von Diäten so tückisch ist.

Als informationsüberfütterter Mitbürger überfällt mich zu Jahresbeginn regelmäßig Würgereiz. Das liegt an der Unmenge Beiträge, die zum Thema Diäten, Abnehmen und schlank werden publiziert werden. Früher war das noch auf Print, TV und Radio beschränkt, aber im Internetzeitater ziehen auch die Online-Magazine mit.

Die Tücken des Themas liegen in der Scheinheiligkeit einer vermeintlich kritischen Betrachtung. Da werden normierte, nicht individualisierte Diäten als Scharlatanerie entlarvt, weil eben jeder Mensch Nahrungsmittel unterschiedlich verstoffwechselt, aber zugleich wird unterschwellig die Aufforderung zum Schlankwerden aufrecht erhalten. Richtig schlank werden, gesund fasten, klug die Traumfigur erreichen – das alles könnte man auch als Psychoterror bezeichnen, hochwirksam platziert nach der Völlerei zum Jahresende und zum Start der – meist kurzen – Saison der guten Vorsätze. Zur Sicherheit habe ich gerade noch mal das Grundgesetz und Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland durchgeschaut und darf allen Lesern versichern, dass niemand einer Straftat bezichtigt wird oder gar seine Grundrechte verwirkt (Art. 18), weil er den BMI gesprengt hat.

Ich mag leicht reden haben, weil mir Übergwicht nie schwer zu schaffen gemacht hat, aber ich erlebe den Druck zur Silhouettenoptimierung bei vielen Mitmenschen mit Übergewichtshintergrund. Wobei schon der Begriff Übergewicht reichlich Interpretationsspielraum lässt und zu tragikomischen Vorkommnissen führen kann. So muss ein muskelbepackter Sportler im Staatsdienst damit rechnen, nicht auf Lebenszeit verbeamtet zu werden, weil er die BMI-Messlatte der Behörde reißt, obwohl er topfit ist.

Was also tun, wenn man dieser Tage kaum eine Zeitung aufschlagen oder ein Online-Magazin besuchen kann, ohne unter Gewichtsdruck zu geraten? Ich rate zur Gelassenheit. Wer tatsächlich ein Unwohlsein mit seiner Figur herumträgt, sollte nicht zu Jahresbeginn in reflexartige Handlungsmuster verfallen. Entscheidend ist sowieso der Kopf und nicht, was Magazine nach den Fest- und Fresstagen raten. Die Lösung kommt nicht zu den Menschen, sondern der Mensch muss sich auf die Lösung zubewegen, finde ich. So erwächst aus der Sache am ehesten Nachhaltigkeit. Aber genug kluggeschwätzt. Ich bin wieder raus, weil ich mich gerade im intermittierendem Digitalfasten versuche.

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