Sie war über Jahre auch für den kompottsurfer ein großes Thema: die Lebensmittelampel. Und nach gründlicher Abwägung des Für und Wider kam ich 2010 zu dem Schluss, dass diese Ampel alles andere als hilfreich ist, das Ziel zu erreichen, den Verbraucher besser auf versteckte Inhaltstoffe, Nährwerte und die Gefahren falscher Ernährung hinzuweisen. Nun ist in Frankreich, gefüttert mit reichlich medialer Aufmerksamkeit, eine Lebensmittelampel in Betrieb gegangen, die einen sogenannten Nutri-Score ausleuchtet, fünffarbig, kombiniert mit den Buchstaben A bis E. Von Dunkelgrün bis Dunkelrot.
Abgesehen davon, dass die Ampelkennzeichnung in Frankreich der Freiwilligkeit unterliegt, geht die ganze Geschichte meines Erachtens in die falsche Richtung. Auch diese Ampel suggeriert dem Verbraucher, dass es gute und schlechte Lebensmittel gibt. Aber – und ich kann das nicht oft genug wiederholen – es gibt keine guten und schlechten Lebensmittel. Es gibt nur gute und schlechte Ernährung, und die Unterscheidung lernt man nicht mit Hinweisen auf Verpackungen von Lebensmitteln. Genauso gut könnte man Richtungspfeile auf Torpfosten malen, in der Hoffnung, dass mit dieser Hilfe Fußballspieler das Tor besser treffen.
Schon das Festlegen von Grenzwerten über alle Produktgruppen hinweg ist ein reichlich irreführendes Vorgehen. Mir steht da der Gesamtnährwert zu sehr im Vordergrund. Aber Fett ist nicht gleich Fett, und Zucker nicht gleich Zucker. Um nur ein Beispiel von zig möglichen zu nennen: Allein die Differenzierung beim Schalenobst ist schon eine Herausforderung. Viel zu viel Fett, könnte man als Nährwertkontroletti sagen. Nein, könnten die anderen kontern, die Jünger Yogeshwars vielleicht, da sind hauptsächlich gute Fette drin. Omega-3 und so. Nur stimmt auch das nicht unbedingt, wenn man den hohen Anteil Omega-6-Fettsäuren in manchen Sorten berücksichtigt. Vom Allergiepotential ganz abgesehen.
Auch bleibt der Grad der Verarbeitung, soweit ich das verstanden habe, bei der Nutri-Score-Ampel weitgehend unberücksichtigt. Kein Wunder also, dass Lebensmittelunternehmen wie Fleury Michon, Danone und McCain ihre Teilnahme an der Ampel bereits zugesagt haben. Mit geschickter Verabeitung lässt sich viel schönes, grünes Ampelessen herstellen. Ob das aber einer gesunden Ernährung zugute kommt, darf man durchaus bezweifeln. Und so sehe ich die entstandene Aufregung über die Ankündigung einiger Lebensmittelriesen wie Nestlé, Unilever und Coca Cola eine eigene Kennzeichnung einzuführen als pures Scheingefecht. Während Verbraucherschützer und Politiker ihre Energie in diesem Streit verpulvern, geht wertvolle Zeit verloren, die Sache von Grund auf anzugehen. Zum Beispiel mit einer europaweiten Einführung (die EU redet bei dem Thema ja mit) von Ernährungslehre und Kochen als Pflichtfach in der Grundschule und als freiwilliges Fach in allen weiterführenden Schulen. Anders wird das nichts, fürchte ich.