ProWein 2018: der kompottsurfer zwischen Südpfalz und Südafrika (I).

Machte ich aus der ProWein eine nüchterne Angelegenheit, würde ich mich auf die Zahlen beschränken, die der Veranstalter am Ende der internationalen Fachmesse in Düsseldorf Jahr für Jahr in einer Meldung zusammenfasst: 6.870 Aussteller aus 64 Nationen waren da und haben an drei Tagen über 60.000 Fachbesuchern aus 133 Ländern ihre Kollektionen vorgestellt. Erste Überraschung, jedenfalls für mich: Italien führt die Nationenwertung an mit 1.700 Ausstellern, vor Frankreich (1.550) und Deutschland (990). Produzenten aus Übersee waren immerhin mit 700 Ausstellern vertreten. Alles in allem mehr Aussteller und mehr Besucher als im Vorjahr, ein voller Erfolg also, wie Hans Werner Reinhard, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf betont: „Wer die Themen Wein und Spirituosen zu seiner Profession gemacht hat, kommt an der ProWein in Düsseldorf einfach nicht vorbei.“ Warum ich an den Spirituosen sehr wohl vorbei bin, hatte ich ja kürzlich schon erläutert.

Eine Weinmesse nüchtern zu betrachten macht allerdings keinen Spaß, was nicht heißt, dass man dort als ernsthaft arbeitender Journalist – also echt gezz, kein Grund zu lachen – einen hohen Pegelstand anstrebt. Im Gegenteil. Jeder Probierschluck Wein wurde ordnungsgemäß in den Spucknapf befördert, was mir bei so manchem Wein wirklich leid tat. Aber im angetrunkenen Zustand wäre man nun mal nicht mehr in der Lage, beim nächsten Winzer im Vollbesitz seiner degustatorischen Fähigkeiten ins Glas zu schauen und zu probieren.

Mir kam es in diesem Jahr aber so vor, als zählte ich zum eher kleinen Kreis der Zurückhaltenden. Den passenden Slogan zu meinem Eindruck lieferte der Spruch eines jungen Mannes, der sich später als Filialleiter einer bekannten deutschen Einzelhandelskette zu erkennen gab: „Was ist ein Spucknapf?“ Nur schwang nicht der Hauch von Ironie bei dieser Frage mit. Er schien mir zur tendenziell hemmungslosen Betankungsgruppe zu gehören, die einen nicht völlig unerheblichen Teil des Publikums ausmachte. Sollte das jetzt irgendwer als Kritik interpretieren – ist nicht so gemeint. Wenn man am Ende einer Weinmesse nicht mit Promille nach Hause gehen darf, wann dann?  Damit gerechnet, dass einige sogar mit Promille Auto fahren würden, hatte in jedem Fall die Polizei, denn es wurde von einigen Kontrollen rund um den Messeort berichtet. Angesichts zahlreicher Warmstreiks beim ÖPNV in NRW waren möglicherweise mehr Besucher als sonst ein gewisses Promillerisiko eingegangen.

Ist ja auch verdammt schnell passiert, bei einer Weinmesse aus Versehen betrunken zu werden, zu sein, zu müssen. Da fängt man zum Beispiel morgens mit besten Vorsätzen ernsthaft mit dem Probieren und Spucken an, aber über den Tag gesehen landet man dann doch bei zu vielen Edeltropfen, die auszuspucken man nicht übers Herz bringt. Ich gehöre durchaus zu dieser Gefährdungsgruppe, und nicht jedes Jahr komme ich unter 0,8 Promille da raus wie 2018. Deshalb auch generell keine An- und Abreise mit dem Auto. Alkoholisiertes Fahren ist in der Weinszene übrigens eine Thema ganz nah am Tabustatus.

Ich vertiefe das aber jetzt nicht, keine Sorge. Die zentrale Frage, die mich vor jeder ProWein beschäftigt ist die nach dem Programm. Was nehme ich mir vor? Zu viel ist immer schlecht, weil das frustet, wenn man nur einen Teil des Plans schafft. Deshalb waren für dieses Jahr weniger Events und mehr freie Verkostungen geplant. Im Mittelpunkt standen meine Lieblingsregion hierzulande, die Südpfalz (wegen ihrer Rebsortenvielfalt und der enormen Anzahl engagierter Jungwinzer) sowie Südafrika, ist doch eine internationale Messe wie die ProWein bestens geeignet, sich einen Überblick über dieses immer noch unterschätzte Weinland zu machen, wo es so viel Qualität zu barmherzigen Preisen gibt.

Einen idealen Einstieg in den Tag bot die von Markus Del Monego gewohnt eloquent und informativ gestaltete Reise durch die Weinpfalz. Besonders spannend wurde die Probe durch ihre kulinarischen Begleitumstände. Jeweils zwei Weine wurden zunächst solitär, dann in Kombination mit einer Speise probiert. In guter Erinnerung blieben eine trockene 2016er Gewürztraminer Spätlese vom Weingut Andres zum Karotten-Orangesüppchen mit Ingwer und eine Chardonnay-Weißburgunder-Cuvée von der Sektkellerei Schreier & Kohn zum Kohlrabi-Bratwurst-Carpaccio. Die Veranstaltung hat mich in meiner Vorliebe für Weine aus der Pfalz mal wieder bestätigt. Da ist weiterhin richtig viel in Bewegung, vor allem im unteren Preissegment. Dazu später in Teil II noch mehr.

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