Zugegeben, es wäre schon gewaltig übertrieben, aus der interessanten Neuzüchtung Cabernet Blanc einen Kandidaten für die Spitzenposition im heimischen Rebsortenspiegel zu machen. Der wird bei den Anbauflächen für Weißwein in Deutschland weiterhin angeführt vom Riesling, dahinter kommen – mit großem Abstand – Müller-Thurgau, Grauburgunder und Silvaner. Aber wer weiß. Auch der Riesling war nicht zu allen Zeiten die dominierende Rebsorte hierzulande. Und je wärmer und feuchter es bei uns durch zu befürchtende Klimaveränderungen der kommenden Jahre vielleicht wird, umso besser wären Winzer mit einer Rebosrte wie Cabernet Blanc aufgestellt. Bis dahin nehmen wir Cabernet Blanc als das was es ist: eine spannende Erweiterung des Angebots.
Offen gestanden hatte ich beim ersten Blick auf ein Flaschenetikett mit der Aufschrift Cabernet Blanc angenommen, es handele sich um eine spezielle Variante des Blanc de Noir, einem aus roten Traubensorten gekelterten Weißwein. In diesem Fall also um einen aus Cabernet Sauvignon oder Cabernet Franc hergestellten Weißen. Im Glas sah der Wein aber erstaunlich weiß aus, er hatte nichts von der üblichen grau-rosa-farbenen Optik, die ich von Blanc de Noirs kannte. Dank Smartphone mit Intenetanbindung gab es schnell Klarheit, dass es sich beim Cabernet Blanc tatsächlich um eine neue Rebsorte handelt, die in der Pfälzer Rebschule Freytag im Versuchanbau war und von dort 2010 zur Klassifizierung angemeldet wurde.
Seither wagen sich einige Winzer der Region an diese weiße Kreuzungsvariante auf Basis des Cabernet Sauvignons, deren Stärke die Resistenz gegen Pilzbefall ist. Jungwinzer Hendrik Schweder, Absolvent der Hochschule in Geisenheim und im Familienbetrieb verantwortlich für den An- und Ausbau der Weine, ist einer, der Cabernet Blanc im Bestand hat. Und ich muss sagen, dass mich die von ihm aus Rebsorte und Boden gezogene Stilistik beeindruckt hat. Spontan war ich versucht zu sagen, es sei eine deutsche Version des Sauvignon Blanc, was reichlich bescheuert klingt, weshalb ich mir im Probierkreis auch auf die Zunge gebissen habe. Was ich meine ist, dass mir da kein knalliges Fruchtbonbon Nase und Mund attackierte, sondern sich ein von würzigen und vegetabilen Noten durchzogenes Aromanbild entfaltete, dass umgeben war von dezenter Frucht wie Schwarze Johannisbeere und geräucherte Paprika erkennen ließ. Dieser Wein hatte nichts von der Austauschbarkeit diverser gängiger Weißweine, denen mit Aromahefen ein standardisiertes Geschmacksbild verpasst wurde. Dieser Wein wirkt eigenständig.
Hendrik Schweder wird mit seiner Kollektion schon in Kürze im Ruhrgebiet zu erleben sein. Zum wiederholten Mal tritt er als einer von über 30 Winzern bei der Bochumer Veranstaltung Weine vor Freude an, einer dreitägigen Publikumsmesse zum Thema Wein, die in der Rotunde des alten Katholikentagsbahnhofs abgehalten wird. Los geht’s am 24. Mai. Hingehen sollte sich lohnen. Nicht nur wegen Schweder.