Wie man die kleinen kulinarischen Freuden wieder schätzen lernt.

Zuhause hangele ich mich von Saison zu Saison, was die kleinen genussvollen Momente des Alltags mit heimischen Produkten angeht. Vom Bärlauch zum Spargel, zu den Erdbeeren, den Pflaumen, den Kürbissen, den Schwarzwurzeln. In der Fremde dagegen gibt es oft viele kleine Freuden auf einmal zu entdecken. Dieser Tage auf La Palma war da zum Beispiel der Blütenhonig direkt aus der Wabe gekratzt, die vollreifen Avocado vom Bauern nebenan, der Pulpo, frisch gefangen, und dann erst diese Mandarinen. Ja, richtig gelesen: Mandarinen. Bei uns oft nur als dickschaliges Etwas zu haben, gerne verklappt in Nikolaus- oder Weihnachtstüten mit Süßigkeiten, damit auch was Gesundes drin ist. Doch hier musste ich die Mandarine voll und ganz rehabilitieren. Zwar ist sie äußerlich betrachtet meist unansehnlicher und schorfiger als das, was bei uns daheim zu haben ist, aber unter der dünnen Schale kommt eine derart saftige und aromatische Zitrusfrucht zum Vorschein, dass ich mehr und mehr davon wollte. Eine Jahrhunderte alte einheimische Spezialität auf den Kanaren ist Gofio, ein grobes Mehl, hergestellt aus geröstetem Getreide. Ich habe mal ein Tütchen mitgebracht und werde ausprobieren, ob es im Pfannkuchenteig funktioniert.

Was mir an Spanien noch gefällt ist die Zubereitung vieler Gerichte auf der Plancha. Tortilla schieben und kratzen sie darauf von flüssig nach fest. Frische Garnelen strömen geradezu betörende Düfte aus und entwickeln beim Zubeißen ein unwiderstehliches Aroma am Gaumen. Für die Palmeros ist das alles alltäglich. Aber wer weiß, vielleicht würde der eine oder andere von ihnen bei einem winterlichen Besuch bei uns über das Angebot an Kohl- und Wurzelgemüse jubilieren.

Einen Besuch der Kioscos von El Remo hab‘ ich auch endlich hinbekommen, die von 2015 bis 2017 von den Behörden geschlossen worden waren, weil sie zu nah am Meer gestanden hätten, was aber schon seit Jahrzehnten so war und geduldet wurde. Gäste, die noch Erinnerungen daran haben, wie die auf fangfrischen Fisch spezialisierten Lokale vor dem Umbau aussahen, karge Bretterbuden am felsigen Meeresufer, blicken mit Wehmut auf die jetzt schick auf Holzpfähle gepflanzten neuen Hütten. Das Preis-Leistungsverhältnis  ist inzwischen auch sportlich geworden, erst recht, wenn man es mit dem anderer Fischlokale auf der Insel vergleicht. Aber immerhin hab‘ ich’s jetzt mal gesehen und ausprobiert.

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