Gemurmel dröhnt drohend wie Trommelklang, gleich stürzt eine ganze Armee, die Treppe herauf, und die Flure entlang, dort steht das kalte Buffet. So beginnt ein Songtext des Liedermachers Reinhard Mey aus dem Jahre 1972. Und was soll ich sagen, mir scheint, als habe sich seither nicht viel geändert. Sobald bei einer Veranstaltung ein Buffet bereitsteht, kann auch der netteste Kollege zum Biest mutieren. Da wird aus einem Andrés Iniesta ein Luis Suarez, der seine Gegner gnadenlos wegbeißt.
Wie ich gerade jetzt auf das Thema komme? Weil aktuell landauf, landab Abiturfeiern abgehalten werden. Wobei abgehalten reichlich euphemistisch formuliert ist, angesichts luxuriöser Veranstaltungsorte, wo Abiturienta ihre Schulabschlüsse feiern wie Hochzeiten. Zelebrieren trifft es besser. Wäre da nicht die brutale Schlacht am Buffet. Nochmal Mey: Zunächt regiert noch die Hinterlist, doch bald schon brutale Gewalt, da spießt man, was aufzuspießen ist, die Faust um die Gabel geballt.
Vorgestern konnte ich mal wieder Zeuge eines solchen Spektakels werden, wobei ich die Abiturientinnen und Abiturienten ausdrücklich ausnehmen möchte vom Vorwurf fieser Vordrängelei und hinterlistiger Messerattacken. Mich natürlich auch, versteht sich. Es sind die Älteren, die mit dreisten Überholmanövern und gefährlichen Eingriffen in den Verpflegungsverkehr Unruhe stiften. Da, das letzte Stück Lachsfilet! Ellbogen raus – und meins! Yeah! Und bevor die Rinderrouladen gleich weg sind – her damit! Wer weiß, ob die verfressenen anderen Gestalten hier nicht gleich alles ratzeputz vertilgt haben. Mousse au Chocolat? Ist auch immer schnell vergriffen. Auf den Teller, fertig los. Salat? Überbewertet. Den kann man notfalls noch getrost zum Nachtisch nehmen. Erfahrungsgemäß bleibt immer reichlich Grünzeug übrig.
Und wer ist Schuld an derartigem Kampfgetümmel? Ist da in der Erziehung was schief gelaufen? Müssten die Alten nicht mal von den Jungen zur Ordnung gerufen werden? Oder an gute Manieren erinnert? Könnte helfen. Aber das Hauptproblem liegt meist in einer gefährlichen Gemengelage aus langatmigem Vorprogramm und leeren Mägen. An dieser Stelle ein paar Tipps, wie man am Buffet nicht zum Tier mutiert oder anderweitig durch Fehlverhalten auffällt.
1. Niemals ausgehungert zu einer Veranstaltung mit Buffet gehen. Immer eine kleine Stulle oder einen Energieriegel als Notration in der Tasche haben.
2. Alkoholkonsum vorab auf ein Minimum beschränken, erst recht, wenn der Magen leer ist. Wankende Gäste sind zankende Gäste, und tickende Zeitbomben.
2. Vor dem Gang zum Essen einen Blick auf die Karte werfen, soweit vorhanden. Es nervt, wenn Gaffer sich durch die Reihen der Anstehenden zwängen um zu erspähen, womit die Rechauds befüllt sind.
3. Überprüfen, ob Besteck am Platz liegt, oder es aus dem Buffettsaal mitgenommen werden muss. So vermeidet man halsbrecherisches Herumgerenne mit vollen Tellern.
4. Nicht sofort nach der Buffeteröffnung aufspringen und lossprinten. Das wirkt gierig.
5. Überfüllte Teller, im schlimmsten Fall mit einem Mix aus Vor- und Hauptspeisen, sind ein No-Go. Es sei denn, man möchte sich den Ruf als verfressener Zeitgenosse verdienen, der von Genuss und Essen keine Ahnung hat.
6. Mehrmals gehen und dabei die übliche Speisenfolge aus Vorspeisen, Haupt- und Zwischengängen sowie Desserts beachten.
7. Teller nicht mehrmals benutzen sondern vom Servicepersonal wegräumen bzw. ausheben lassen, wie es in der Gatronomiesprache heißt.
8. Aufmerksam und hilfsbereit sein, wenn man merkt, dass unroutinierte oder gehandicapte Gäste am Buffet Schwierigkeiten haben.
So, und nun viel Vergnügen beim nächsten Gang zum Buffet.