Ja, ich weiß, unangenehmes Thema. Aber frei nach dem Motto Geteiltes Leid ist halbes Leid, dachte ich mir: Da müssen meine Leser durch, jetzt, wo mir die Zahnklinik für eine Weile Ernährungsvorschriften gemacht hat. Außerdem trifft es jeden mal. Irgendwann. Im Grunde geht es um zwei Dinge: 1. Was darf ich nicht essen oder trinken? 2. Was sollte ich wie essen und trinken? Ja, die Frage nach dem Wie ist nicht zu unterschätzen.
Aber fangen wir vorne an. Was darf man nicht essen? Kuhmilchprodukte, so heißt es in vielen Ratgebern, seien heikel. Einerseits weil sie die Wirkung von Antbiotika herabsetzten und andererseits, weil sie Entzündungsprozesse förderten. Nun ist weder das eine noch das andere so unwidersprochen hinzunehmen. Nicht jedes Antibiotika scheint von der Wirkungshemmung betroffen. Und ob Kuhmilch tatsächlich Entzündungsprozesse fördert, darüber streiten sich die Gelehrten ebenfalls. Der Kieferchirurg sagt, die Milchsäurebakterien könnten – zum Beispiel nach einer Zahn-OP – in die Wunde eindringen und eine Entzündung auslösen. Ein paar Minuten vorher hatte er mir auf meine allgemeine Nachfrage zur Sterilität von Operationsbesteck geantwortet, der Mund sei der Bereich des Körpers, der am besten mit Bakterien klar käme, weil er sich andauernd damit herumschlagen müsse. Ja, was denn nun? Ratzfatz ist man bei einem Grundproblem angekommen, das oft auftritt, wenn es um Gesundheit und Ernährung geht. Was ist richtig? Was sollten wir tun? Nun, im Grunde ist es einfach: Hirn einschalten, selbst nachdenken und selbst entscheiden. Ich habe mich entschieden auf Milch und Käse zu verzichten, solange ich Antibiotika einnehme und in meinem Mund ein Wundheilungsprozess im Gang ist. Schaden wird mir das sicher nicht. Und ich steigere nebenbei die Vorfreude auf den nächsten Cappuccino.
Generell sind Milchprodukte kein kritisches Nahrungsmittel für unsere Zähne. Im Gegenteil. Sie enthalten oft viel Kalzium, ein Mineral, das für den Aufbau von schützendem Zahnschmelz von Bedeutung ist. Joghurt kann außerdem Fruchtsäuren neutralisieren. Wegen dieser Fruchtsäuren, und weil ich Joghurt als Puffer nicht einsetzen kann, verzichte ich besser komplett auf Obst und Fruchtsäfte, solange meine Zähne akuten Stress machen oder sich von einer Behandlung erholen müssen. Danach steht garantiert wieder Müsli mit frischem Obst und Joghurt auf meinem Frühstückstisch, denn im Grunde ist diese Kombination ideal, um Vitamine, Mineralstoffe und Proteine ohne Gefahr für Leib und Zähne in unseren Körper zu schaffen.
Wein, Bier oder gar Hochprozentiges sollte auch gemieden werden. Kein Scherz. Ja, ich hör‘ meine Leser schon kichern und Alkohol desinfiziert vor sich hin brabbeln. Aber Desinfektion ist in diesem Fall von sehr untergeordneter Bedeutung, denn Alkohol erweitert die Blutgefäße, senkt die Blutgerinnung, regt die Durchblutung an – und, simsalabim, setzen Nachblutungen ein. Will man nicht haben, sowas.
Kommen wir zur zweiten Frage: Was sollte ich wie essen und trinken? Kurze Antwort: alles was schmeckt. Kleine Einschränkung: Solange es püriert und weder zu kalt, noch zu heiß, zu scharf und zu säurelastig ist. Denn jede Art von Reizung behindert den Heilungsprozess. Und so hab‘ ich mir schon eine Liste der Gerichte zusammengestellt, die ich in den nächsten Tagen kochen werde. Da wäre allen voran eine Kürbissuppe, asiatisch gewürzt mit Kokosmilch (genau, die ist erlaubt, weil nicht von der Kuh sondern vom Kokos gemolken), Ingwer und Curry. Aber ausnahmsweise nicht so scharf, wie üblich zubereitet, weil das die Wunde reizen könnte. Nächster Tag: Risotto mit roten Schmorzwiebeln (wie hier in einem kompottsurfer-Rezept, nur ohne Mandelstifte). Und dann mit dem Mut zum ersten weichen Biss: Frikadellen mit Kartoffelpüree und Mangold.
So, und jetzt leg‘ ich mir wieder brav den Eisbeutel auf die geschundene Backe.
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