Saison nicht verpassen: Ran an den Bärlauch!

Als Läufer ist man mit allen Sinnen unterwegs. Deshalb laufe ich so ungern durch die Straßen der Stadt. So viel Lärm, so viel häßlicher grauer Asphalt, vor allem aber so viele auspuffende Autos, die dir jeden tiefen Atemzug mit einem stinkenden Cocktail aus Kohlenmono- und dioxid, Feinstaub und Stickoxid verleiden. Statt dessen laufe ich im Gelände, abseits der Straßen am Stadtrand oder in der Einöde über schmale Pfade, neudeutsch heißt das Trailrunning.

Letzten Samstag, am frühen Morgen, war ich mal wieder mit meiner Laufgruppe unterwegs, und es verschlug uns irgendwann in die Randgebiete der Elfringhauser Schweiz. Als wir da so langliefen, hechelnd irgendeinen Hügel rauf und wieder runter, hatte ich plötzlich einen knoblauchartigen Duft in der Nase. Dazu muss man wissen, dass der Geruchssinn beim Laufen besonders empfindlich reagiert, vermutlich noch ein genetisch bedingtes Relikt aus den Zeiten, wo der Mensch in freier Wildbahn Feinde riechen können musste, Drachen oder Vampire, oder so, um rechtzeitig Reißaus zu nehmen. Aber wo kam der knoblauchartige Duft nun her? Ich schaute mich um und sah am Boden links und rechts ein Meer aus sattgrünen Laubblättern. Potzblitz, wir liefen tatsächlich durch eine riesige Oase mit wildem Bärlauch. Leider hatten wir kein Behältnis dabei, um eine Bärlauchsammelpause einzulegen, aber ich erinnerte mich an eine ähnliche Stelle im Weitmarer Holz, wo ich zeitnah mal zum Sammeln vorbeischauen wollte, nahm ich mir vor. Leider war da gestern schon alles abgegrast.

Ja, wilder Bärlauch ist populär bei den Hobbyköchen, seine Erntezeit extrem kurz, und die Angst vor dem Fuchsbandwurm längst nicht so groß, dass man lieber auf Balkonpflanzen oder Händlerware ausweichen würde, die ja auch aus dem Zuchtbeet stammt. Klar muss man außerdem beim Abzupfen aufpassen und an jedem Blatt riechen, damit man nicht plötzlich ähnlich ausschauendes Maiglöckchen- oder Herbstzeitlosengrün dabei hat, deren Vertilgen reichlich Probleme bereiten kann. Aber so weit kam ich gar nicht. Also blieb mir – angesichts der Sammelmisere – nichts anderes übrig als beim Gemüsehändler mein Bärlauch zu kaufen. Und damit machte ich erstmal Pesto für Pasta. Ohnehin die einfachste und vorratsfreundlichste Verwendungsmöglichkeit für Bärlauch, wenn man keine Suppen einfrieren mag.

Offen gestanden verstehe ich die Begeisterung vieler Köche für ein Bärlauchpesto nicht, das mit reichlich gerösteten Sonnenblumen- oder Pinienkernen eingematscht wird. Hab‘ ich auch schon gemacht, klar, aber ich finde, der besondere Geschmack des Bärlauchs leidet darunter. Lieber setze ich das Pesto nur mit etwas Kartoffel, Olivenöl, Parmesankäse und Salz an und bevorrate es in Gläsern. Dann kann ich später beim Pasta servieren die Pinienkerne immer noch gesondert über das Pesto streuen. Ich gebe auf 100 g Bärlauch 50 g mehlige Kartoffel (geschält und gekocht), 50 g Parmigiano Reggiano sowie 8 EL gutes Olivenöl (Mengenangabe kann abweichen, je nachdem, wie fluid man das Pesto haben möchte), jage den Stabmixer durch die Masse und schmecke alles mit Salz, Pfeffer, einer Prise Zucker und ein paar Spritzern frischem Limettensaft ab. Was das Abschmecken betrifft, rate ich, das Pesto mit etwas Baguettebrot oder Ciabatta zu probieren. Pur probiert neigt man dazu, die Schärfe und leichte Bitternote als zu extrem zu empfinden und kaschieren zu wollen. Was dazu führen kann, dass unser Bärlauchpesto – mit Pasta oder Gnocchi serviert – nicht mehr ausreichend durchschlagskräftig ist.

Und bevor ich’s vergesse: Bärlauchpesto und Sardellenfilets harmonieren übrigens prächtig miteinander. Da auch Sardellen gut zu bevorraten sind, eignet sich die Kombination besonders für Tage, an denen mal nicht so viel Zeit fürs Kochen zur Verfügung steht, man aber trotzdem was besonders auf dem Teller haben will.

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