Eiskugeln werden immer teurer. Die Alternative: eigenes Eis machen.

Es ist Ostersonntag, es ist heiß, und ich will Eis vom Eisdieler. Das erste Eis des Jahres 2019. Geduldig stelle ich mich in die lange Schlange der Wartenden, die sich vor der Kühltruhe mit dem ganzen bunten Zeug gebildet hat. Satte fünfzehn Minuten später ist meine Lust auf Eis fast wieder futsch. Beim Blick auf die Preistafel sehe ich, dass die Kugel mal wieder teurer geworden ist. 1,40 Euro statt 1,20 wie im Vorjahr. „Leute, ich möchte nicht euren ganzen Laden kaufen, sondern nur ein Eis“, will ich dem Chef zurufen, traue mich dann aber doch nicht. Ich fürchte, er könnte sich anschließend weigern, mir den Suchtstoff auszuhändigen für den ich so lange angestanden habe.

Warum das Geschäft mit Eis aus der Eisdiele so floriert, dass uns die Dieler – von denen es bundesweit rund 5.500 gibt – Jahr für Jahr erfolgreich mehr Kohle aus dem Kreuz leiern können, ist mir ein Rätsel und auch wieder nicht. Wir könnten im Supermarkt die mehr als zehnfache Menge für den Preis einer einzigen Kugel kaufen, und doch stehen wir nach Feierabend oder am Sonntag wieder vor dem Altar der süßen, kühlen Verheißung. Es könnte mit Psychologie zu tun haben. Mit dem Zurückholen schöner Kindheitsmomente, die den Deutschen als preisempfindlichsten Konsumenten Europas – was Lebensmittel betrifft – für Kugeleis klaglos hohe Preise zahlen lassen, langes Anstehen inklusive. Warum sollten die Eisdieler aus dieser Gemengelage also kein Kapital zu schlagen suchen?

Gestiegende Kosten für die wichtigsten Rohstoffe dürften jedenfalls kein Grund für die rasante Preisentwicklung sein. Milch als elementarer Rohstoff in der Eisherstellung bewegt sich seit Jahren auf historischen Tiefständen, kleine Dellen in der Preisentwicklung ausgenommen. 1999 kostete den Endverbraucher ein Liter Vollmilch (in DM) fast doppelt so viel wie heute (in Euro). Höhere Energiekosten? Sollten bei einer Imbissbude kaum weniger zu Buche schlagen als bei einer Eisdiele, aber die Preise für Pommes sind nicht annähernd so gestiegen, obwohl das Kilo Kartoffeln über die Jahre preislich deutlich zugelegt hat. Und die Produktqualität ist in vielen Eisdielen nur mit Blick auf die Hygienestandards besser geworden. Abgesehen davon, dass Eis von Dieler zu Dieler kaum noch zu unterscheiden ist – es werden auch mehr Zusatzstoffe eingesetzt als früher. So sind Bindemittel sehr beliebt, die den Milchfettanteil erhöhen und auch Eisaromen, die jene überbordende Sortenvielfalt generieren, die kein noch so großer Supermarkt in der Truhe hat. Eisaromen gibt es als pulverisierte Komplettmischung inklusive Bindemittel. Es gibt sie flüssig, und es gibt sie pastös. Handelsübliche Vanillepaste zum Beispiel enthält natürliche und naturidentische Aromastoffe der Bourbon-Vanille, die sogar den Stippeneffekt des Schotenmarks imitieren können, dazu stecken auch noch Invertzucker, Glukosesirup, Fruchtzuckersirup, Ethylalkohol und Sojamehl in der Paste. Um das ebenfalls aus Eispasten herstellbare Fruchteis zu optimieren, können spezielle Fruchtsäuren zugesetzt werden. Und der in den letzten Jahren in Mode gekommene Marmoreffekt auf dem Eis wird durch fertige Sirups erzielt. Das „Eis aus eigener Herstellung,“ das viele Eismacher in ihren Cafés anpreisen, ist längst ein Produkt aus dem Baukasten geworden. 

Da stellt sich die Frage, ob man vor diesem Hintergrund nicht gleich zum Industrieprodukt aus der Tiefkühltruhe des Supermarktes greifen soll. Wer den Fokus einzig und allein auf die Eisqualität legt, ist damit nicht einmal schlecht beraten, und preiswerter ist es allemal. Das Argument, man bekäme in jeder Eisdiele ein handgemachtes Produkt ist also so weich wie manch‘ neumodische Eiscreme, die ganz fix mithilfe von Speiseeispulver angerührt wird.

Wer garantiert selbstgemachtes Eis will, der macht es selbst. Ich halte mich bei den wenigen Anlässen zum Eismachen an zwei Rezepturen für die es nicht mal eine Eismaschine braucht. Die eine Variante, das Eisparfait, ist für Geduldige, die andere für Eilige.

Hier die eilige, schließlich wollen wir im Sommer nicht lange in der Küche herumstehen, sondern auf der Terrasse oder im Garten sitzen. Grundidee habe ich mir vor vielen Jahren mal bei Alexander Herrmann in Lanz kocht abgeschaut:

Jetzt, in der Erdbeerzeit, nehmen und putzen wir 300 Gramm frische Erdbeeren, verfrachten sie in einen Gefrierbeutel und lassen sie im Eisfach unseres Kühlschranks über einige Stunden solide anfrieren. 250g der Beeren anschließend mit 3 EL Puderzucker und 150 ml frische Vollmilch (kalt) in eine hohe Ruhrschüssel geben und alles mit dem Pürierstab gleichmäßig zu einem cremigen Eis pürieren. Sollte das Eis zu fest werden, ein Schuss Milch zugießen oder, im umgekehrten Fall, ein paar zusätzliche Erdbeeren aus der 50 Gramm Reserve einstreuen. Das Eis muss sofort serviert werden. Längere Lagerung im Gefrierfach führt dazu, dass sich Eiskristalle bilden und die Cremigkeit verloren geht. Das Problem könnte man möglicherweise mit der Zugabe von Xanthan umgehen, ein Cellulosederivat, gewonnen aus zuckerhaltigen Stoffen wie Maisstärke mittels Fermentation. Aber erstens hat nicht jeder Xanthan vorrätig, zweitens mag es so mancher Purist nicht einsetzen, und drittens bin ich nicht sicher mit welcher Dosierung es am besten funktioniert. Da fehlt mir einfach die Erfahrung. Aber ich werde es diesen Sommer sicher mal ausprobieren. Dann folgt hier die Ergänzung.

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