Wenn in diesen Tagen und Wochen die Tour de France 2019 ausgefahren wird, geht das Thema Doping wieder mit auf die Reise durch Vogesen, Pyrenäen und Alpen. Wie immer, möchte man sagen. Dass der Träger des Gelben Trikots künftig ausgerechnet durch den Verzehr von grünem Gemüse, genauer gesagt: Spinat, in Bedrängnis geraten könnte, verdanken die Sportler einer Untersuchung unter Beteiligung der Freien Universität Berlin. Demnach soll die im Spinat enthaltene Substanz Ecdysteron bei den Probanden einen signifikanten Zuwachs der muskulären Maximalkraft bewirkt haben. Was der Comic-Held Popeye allerdings schon in den 1930er Jahren wusste. Die Autoren der Studie schlugen der Weltdopingagentur WADA aufgrund ihrer Ergebnisse nun vor, die Aufnahme von Ecdysteron in die Liste der verbotenen Substanzen zu prüfen. Der Wirkstoff wird schon länger auch als frei zugängliches Nahrungsergänzungsmittel gehandelt.
Ich will keinen Hehl daraus machen, dass ich die Diskussion über Spinatdoping reichlich irrsinnig finde. Die Welt der natürlichen Lebensmittel ist voll von Wirkstoffen die Muskelwachstum, Ausdauer oder Regeneration fördern. Ich erinnere mich noch gut daran, dass auch Koffein schon auf der Dopingliste stand. Zwischen 1984 und 2004 ist das gewesen. Einem Athleten konnte es da passieren, nach zwei Tassen Espresso und einer Dose Red Bull über dem zulässigen Grenzwert zu liegen und eine Sperre zu kassieren. Dabei bewegen wir uns hier ausdrücklich nicht in jenem medikamentös fragwürdigen Bereich, wo zum Beispiel Arzneimittel – wie Herzpräparate – von herzgesunden Spitzensportlern zur Leistungssteigerung genutzt werden.
Hochleistungssportler benötigen ausgefeilte Ernährungsprogramme, um ihren Körper, dem mehr als reichlich abverlangt wird, in der Balance zu halten und nicht substantiell zu schädigen. Mikronährstoffe können da einen wichtigen Beitrag leisten. So fördert die in Fleisch, Erdnüssen und Soja enthaltene Aminosäure Arginin die Ausschüttung von Wachstumshormon und verbessert die Durchblutung. L-Carnithin, ebenfalls im Fleisch enthalten, gilt als Vitaminoid, das die Energiegewinnung aus Fetten optimiert und somit für Ausdauersportler wie Marathonläufer oder Radrennfahrer interessant ist. Außerdem wirkt es regenerationsfördernd. Bei den Olympischen Spielen 1972 schrieben Experten die außergewöhnlichen Leisungen der US-Schwimmer nicht zuletzt der Einnahme von Coenzym Q10 zu, das unter anderem in Eiern und Leber enthalten ist. Vitamin D wiederum stärkt die Muskulatur in Mangelsituationen, wie sie bei Etappenrennen oder während intensiver Trainingsphasen auftreten können. Enthalten ist es unter anderem in Ei, Hartkäse und Fisch. Es kann auch durch Eigensynthese aus UV-Sonnenlicht über die Haut aufgenommen und im Körper gebildet werden, wozu jedoch ausreichend hohe Strahlungsintensität bei geringer Luftverschmutzung nötig ist.
Wenn Wirkstoffe wie Ecdysteron dem Dopingbegriff zugeordnet werden, entsteht meiner Ansicht nach eine gefährliche Schieflage auf Kosten der Gesundheit der Leistungssportler. Vor dem Hintergrund des neuen Anti-Doping-Gesetzes sehe ich schon Schlagzeilen wie diese in der Boulevard-Presse: Deutscher Etappensieger der Tour de France wegen Spinatkonsum vor Gericht. Man kann nur hoffen, dass die WADA das Mittel nicht auf die Dopingliste setzt. Meine Meinung.