Treue Leser meines Blogs werden von meiner Abneigung gegenüber kulinarischen Dogmen kaum überrascht sein. Nichts ist ermüdender als Streitigkeiten von Hobbyköchen über die Einhaltung von Zutatenlisten und Zubereitungsmethoden für Klassiker zu verfolgen. Wo der Originalität um jeden Preis nachgejagt wird, selbst wenn man für eine Paella Valenciana das Paprikapulver aus der Extremadura und Safran aus der Mancha über das Darknet beschaffen müsste. Ich halte nichts von so einer Buchhalterküche, ohne damit etwas gegen Buchhalter sagen zu wollen. Im Gegenteil, ich habe Respekt vor deren Werk, die kompliziertesten Geschäftsvorfälle in sauber strukturierte Konten zu übersetzen.
Wo war ich? Ach ja, Originalität um jeden Preis. So denkt nahezu jeder bei kalter Gemüsesuppe zuerst an Gazpacho Andaluz, aber dann geht’s schon los: welche Variante? Die, bevor Kolumbus die Tomate nach Europa gebracht hat oder irgendwas danach? Knoblauch-Gurken-Suppe oder Tomaten-Gurken-Knoblauch-Paprika-Suppe? Wenn’s nach mir geht, weder noch. Bei mir kommt rein, was gerade da ist, sogar vorgekochtes Gemüse wie Zucchini, was manche Puristen als Frevel geißeln mögen. Mir doch egal. Nieder mit der Rezeptsklaverei!
Neulich fabrizierte ich wieder so eine kalte Gemüsesuppe, nennen wir sie der Einfachheit halber Gazpacho an der Ruhr. Die Zucchini kam aus dem Garten meines Vaters (danke, Papa!) und die Tomaten waren auch von hier. Was sogar für die kleinen Salatgurken gilt, die ich gerade mal 300 Meter Luftlinie von der Ruhr entfernt gepflückt habe. Also aus dem Regal meines Gemüsehändlers, nur damit keine Missverständnisse aufkommen. Ist ohnehin nicht so wichtig, denn ich bin kein großer Freund von gurkenlastigen Gemüsesuppen. Das gurkige soll nicht so vorschmecken, deshalb packe ich immer reichlich Zucchini rein. Die Tomaten enthäute ich vorher, weil ich das Mundgefühl der pürierten Tomatenhaut befremdlich finde. Sie lässt sich nämlich nicht perfekt zerkleinern, jedenfalls nicht mit meinem Stabmixer. Und dann hat man diese Fussel auf der Zunge und in den Zahnlücken, so als hätte man gerade in ein ungerupftes Huhn gebissen.
Meine Gazpacho an der Ruhr braucht folgende Zutaten (aber nehmen Sie gerne auch andere, und kreieren Sie Ihre eigene Version):
1 kg reife Strauchtomaten (keine Dosenware) // 500 g Zucchini // 2 kleine Gemüsegurken (zum Beispiel Piccolino, keine Schlangengurke) // Salz // Pfeffer // 1 Zehe junger Knoblauch // frisches Basilikum // Olivenöl // 200 ml Wasser. Für die Einlage: 75 g getrocknete Kichererbsen // Paprikapulver // Olivenöl // Salz
Zubereitung Einlage: Getrocknete Kicherebsen tags zuvor und mindestens 12 Stunden in reichlich Wasser einweichen, anschließend im Einweichwasser 60 Minuten kochen und abkühlen lassen. In 1 EL Olivenöl, etwas Paprikapulver und Salz wälzen und beiseite stellen.
Zubereitung Suppe: Den harten, obersten Teil des Tomatenkerns keilförmig ausschneiden und entfernen, bei größeren Tomaten mit dickerer Haut an der Unterseite kreuzweise leicht einschlitzen und mit 200 ml Wasser in einem zugedeckten Topf so lange erhitzen, bis sich die Haut von Fruchtfleisch zu lösen beginnt. Haut enfernen, Kochwasser zur Weiterverwendung aufbewahren, denn es hat nun eine leicht tomatige Aromatik. Zucchini gründlich abspülen, Ansatz enfernen und würfeln. In einem zugedeckten Topf einige Minuten in etwas Olivenöl garen (die Stücke sollten noch Biss haben). Knoblauch pellen und in dünne Scheiben schneiden. Gurken abspülen und würfeln. Alle Zutaten samt Tomatenkochwasser in eine hohe Schüssel geben und mit dem Stabmixer pürieren (stopp, natürlich nicht die Kichererbsen, die sind Einlage). 1 TL Salz zugeben und ordentlich pfeffern. Die Suppe sollte nun recht sämig sein. Im Kühlschrank abkühlen lassen. Vor dem Servieren noch mal abschmecken und gegebenenfalls nachwürzen. Kichererbsen einlegen und mit Basilikum garnieren. Fertig.
Das interessante an kalten Suppen ist nicht nur, dass sie an heißen Tagen erfrischen, sondern auch, dass sich die Aromen mit der Mundwärme entfalten.
Tipp: Wer die doppelte Menge Kichererbsen kocht, kann mit der anderen Hälfte noch Hummus fabrizieren, Rezept hier. Etwas Weißbrot besorgen, eine Flasche gut gekühlten Sauvignon Blanc einpacken, und schon ist man gerüstet für ein Picknick in den Ruhrwiesen.