Das Leben ist zu kurz für schlechte Weine lautet ein Allgemeinplatz vinophiler Genießer. Fünf Euro ins Phrasenschwein, würden Fußballfans sagen, so sie denn mit den Gepflogenheiten in der Fernsehsendung Doppelpass vertraut sind, wovon ich ausgehe, sonst wären es keine Fußballfans.
Manchmal – und ja, jetzt wird es spitzfindig – ist der Wein aber nicht schlecht, sondern er schmeckt nur schlecht. Ist das nicht das Gleiche, werden sie vielleicht verwundert fragen? Ist es nicht. Beim Teutates, sogar überhaupt nicht! Die Tücken liegen oft an den Begleitumständen seines Genusses. Sie wundern sich, warum ein Wein, von dem Sie schon mindestens zehn Flaschen des selben Jahrgangs in den letzten Monaten getrunken haben, plötzlich keinen Spaß mehr macht? Sie mutmaßen, der Tropfen tauge nichts mehr, weil überlagert oder Montagsabfüllung, oder was auch immer? Nehmen Sie das Essen als möglichen Übeltäter ins Visier, und die Erkenntnis wird Ihnen wie Schuppen aus den Haaren, ähem, von den Augen fallen. Ja, ich seh’s ein: 5 Euro ins Phrasenschwein.
Wir Weintrinker spielen die Weingenussgefährdung durchs Essen gerne herunter. Wird schon passen, ungefähr. Denken Sie bloß nicht, ich sei vor derartigen Katastrophen gefeit. Mein Gehirn ist auch nicht immer eingeschaltet. Vor allem dann nicht, wenn mich Heißhungerattacken auf Chips oder Erdnüsse befallen und der Wein, der vom Abendmahl übrig blieb, als Begleiter herhalten muss, nur weil ich zu faul bin, in den Keller hinabzusteigen und Bier raufzuholen. Die einzige Bank, wenn es darum geht, salziges Knabberzeug geschmacksverträglich runterzuspülen.
Und es gibt eine weitere Tücke, wenn es um die Liason von Wein und Speisen geht. Gerade Experten, ob echte oder halbgare wie ich, legen den Fokus auf die Frage: Welcher Wein passt zu welchem Essen? Ist schön und gut, für große Menüabende zu Feiertagen oder im Freundeskreis alles detailliert und langfristig im Voraus zu planen. Aber mal im Ernst: Wie viele Tage gibt es davon im Jahr? Im Regelfall ist es doch so, dass man Essen einkauft und vorbereitet und erst anschließend überlegt, welche Flasche man dazu aus dem Keller holt. Und nicht jeder hat daheim einen Keller, der für alle Eventualitäten gerüstet ist. So nimmt das Unheil seinen Lauf.
Ich habe mal meine persönliche Flop 8 zusammengestellt (zu mehr hat es – zum Glück für uns Weinfreunde – nicht gereicht). Zutaten und Gerichte über die ich aus Erfahrung sage: Wein besser weglassen.
Grünkohl mit Speck Gar nicht erst auf krumme Gedanken kommen, sondern gleich Bier aus dem Kühlschrank holen. Ich kann mir vorstellen, dass der hohe Anteil Apfel- und Citronensäure im Grünkohl (215/220 mg pro 100g) zur Unverträglichkeit mit Wein beiträgt.
Kaviar Für mich eines der größten und teuersten geschmacklichen Missverständnisse, ihn mit Champagner kombinieren zu wollen, wie das in feinen Kreisen gerne zelebriert wird. Akzeptabel ist, wenn überhaupt, ein wuchtiger Vertreter aus der Prickelfraktion wie Bollinger. In Paris wurde mir mal bei einer privaten Einladung im kleinen, häuslichen Kreis Kaviar mit Blini und Sauerrahm aufgetischt. Dazu gab es Krimsekt brut. Ich hab‘ nur kurz dran genippt (bbbrrr), und dann das Essen pur genossen.
Räuchermatjes Ohne Beilagen verspeist, passt nur Schnaps oder trockener Sherry. Räuchermatjes mit Guacamole, wie ich es gerne mal kombiniere, kann mit Chardonnay funktionieren, kann aber auch schiefgehen.
Rührei Ganz schwieriger Fall. Da passt nichts, außer – theoretisch vielleicht – Champagner. Praktisch habe ich nach zwei Fehlversuchen aufgegeben, mehr von dem guten Zeug zu vergeuden. Wobei, da fällt mir ein: Vor zig Jahren hab‘ ich mal bei Gerad Boyer im Les Crayerès zum Frühstück Trüffelrührei mit Champagner von Pommery (Cuvée Louise) serviert bekommen. Und das passte sogar, wenn auch nur einigermaßen, was wohl am Trüffel lag. Angesicht des Umstands, dass sowohl Trüffel als auch Cuvée Louise solitär betrachtet Köstlichkeiten sind, ganz sicher nichts, was unbedingt zusammen genossen werden sollte.
Salat mit Vinaigrette Die Säure des Essigs killt jeden Wein. Das pure Geschmacksmassaker.
Schokolade Über mögliche Kombinationen mit Wein habe ich schon viel zweifelhaftes Zeug gelesen. So wird Banyuls gerne als Empfehlung genannt, weil er im Aroma Noten von Kaffee und Vanille aufweist. Bei einer Verkostung, Anfang der Nuller-Jahre, haben wir mal in einem großen Kreis von Weinfreunden alle erdenklichen Kombinationen von Wein mit diversen Schokoladen (Vollmilch bis 99% Bitter) ausprobiert, und nur ein gespriteter Wein brachte erfreuliche Ergebnisse.
Spinat Ganz schwere Kost für jeden Wein. Geschmacklich ungefähr so, wie auf rostiger Stahlwolle herumzukauen.
Tomaten Der Liebesapfel ist zu Wein gar nicht lieb, was an den sauren Noten im Aromaprofil liegt. Nur wenn die Säure durch Beilagen oder ergänzende Zutaten gut gepuffert wird, nimmt der Weingeschmack am Gaumen keinen Schaden.