Regionaler Klassiker: Ärpel mit Schlaat (vegetarisch)

Es ist schon eine Weile her, da haute mich das Institut für Deutsche Sprache (IDS) mit einer faustdicken Überraschung um. Die Sprachexperten aus Mannheim hatten doch tatsächlich den Begriff Zoodles als relevant genug erachtet, ihn ins Wörterbuch der Neologismen aufzunehmen. Ja, Moin! werden Sie vielleicht im neuesten Jugendsprech voller Erstaunen ausrufen: Zoodle was? Dann geht’s Ihnen nicht anders als mir, zumindest bis zu dem Zeitpunkt im letzten Sommer, als ich mir eine Zoodle-Maschine zulegte, um – jetzt kommt die Auflösung – aus Zucchini Spaghetti-Würmer abzudrehen.

Wahrscheinlich bin ich zu alt für diese Zoodle-Doodle-Sprachungetüme und erheitere mich deshalb mehr an alten Wörtern regionaler Prägung wie Ärpel (auch Erpel) und Schlaat, die leider aus unserer Alltagssprache nahezu verschwunden sind. Was zur Folge hat, dass selbst Menschen aus meiner Altersgruppe kaum mehr wissen, dass damit Kartoffeln formerly known as Erdäpfel gemeint sind. Ärpelstämmer sind übrigens Kartoffelstampfer, klassisch aus Holz, und der Ärpelschulte ist ein Kartoffelhändler, nur mal so nebenbei. Früher kaufte der Verbraucher Kartoffeln ja noch zentnerweise und lagerte sie über den Winter im Keller ein. Der singuläre Handel mit den Ärpeln war also durchaus ein lukratives Geschäft. Der Trend zur Kleinfamilie und lauwarmen Tiefräumen in Neubauten, die den Namen Keller nicht verdient haben, mögen den Erpelschulten zum Verhängnis geworden sein. Es machte für den Verbraucher jedenfalls keinen Sinn mehr, Kartoffeln zu bevorraten, zumal an jeder Ecke Supermärkte eröffneten, die immer griffbereit was davon liegen hatten.

Wenn ich hier nun ein Regionalgericht aus dem Ruhrgebiet namens Ärpel mit Schlaat (Schlaat steht für Salat) vorstelle, dann auch, weil ich einen Beitrag zum Erhalt dieser wunderbaren Sprache leisten will. Ärpel mit Schlaat ist ein Alltagsgericht, das in diversen Rezepturen sowohl im Revier als auch im Rheinland und dem Münsterland seine Liebhaber hat. Es kann mit Zutaten aus dem eigenen Garten, zumindest aber aus der Region, frisch und zum barmherzigen Preis zubereitet werden.

Meine Variante weicht vom Klassiker insofern ab, als dass ich keinen Speck zugebe und den Endiviensalat nicht als Salat sondern als Schmorgemüse zubereite. Es ist als Winterrezept gedacht.

Zutaten (für 4 Personen)
1,25 kg Kartoffeln (vorwiegend festkochend)
1 großer Kopf Endiviensalat
8 Bio-Eier
50 g Butter, 1 EL Apfelessig, 3 EL Olivenöl, 1 TL scharfer Senf (z.B. Schwerter Senfmühle), Salz, Pfeffer, Muskat, Butterschmalz

Kartoffeln gründlich waschen. Kartoffel mit dem Sparschäler möglichst in einem Stück schälen. Die langen Schälstücke aufbewahren, Kleinzeug entsorgen. Sind die  Kartoffeln in der Größe deutlich unterschiedlich, die großen Exemplare in etwa auf das Maß der Kleinen schneiden, um einen einheitlichen Garzeitpunkt zu erhalten. Meist reicht halbieren. Kartoffeln mit reichlich kaltem Wasser aufsetzen, Schalen zugeben und zugedeckt aufkochen. Je nach Größe der Kartoffeln 20-25 Minuten leicht sprudelnd köcheln lassen bis die Ärpel gar sind. Über einem Auffangtopf abgießen und Kartoffelschalen entsorgen. Kartoffeln mit der Ärpelpresse oder dem Ärpelstämmer über oder im Topf zerdrücken. Das aufbewahrte Kartoffelwasser schluckweise zum Stampf geben (es wird insgesamt nur ein kleiner Teil der Flüssigkeit benötigt). Das Ganze vemengen, die 50 g Butter montieren und mit Salz und etwas geriebener Muskatnuss abschmecken. Ich verwende übrigens vorwiegend festkochende Kartoffelsorten für Stampf und Püree, weil die Textur nach meinen Erfahrungen fluffiger wird als mit mehligen Sorten. Voll festkochende Sorten funktionieren auch nicht so gut.

Während der Kochzeit der Kartoffeln vom Salat den unteren Teil des Strunks entfernen und in feine Streifen schneiden. Salat waschen, trocken schleudern und anschließend mit einem frischen Geschirrspültuch komplett trocken tupfen. In einem großen Topf Butterschmalz erhitzen, Salat zugeben und unter mehrmaligen Wenden leicht anschmoren, bis die Menge um etwa die Hälfte zusammengefallen ist. Aus Olivenöl, Apfelessig, Senf und einer Messerspitze Salz ein Dressing anrühren und zum Salatgemüse geben. Zugedeckt bei niedrigster Flamme kurz ziehen lassen. Vor dem Servieren abschmecken und gegebenfalls nachwürzen.

Zwei mittelgroße Pfannen hervorholen und darin jeweils etwas Butter bei Drittelhitze zerlassen. Je 4 Eier wie Spiegeleier hineingeben, aber darauf achten, dass noch etwas Eiklar übrig bleibt, um es auf die Eigelbe geben zu können. So entsteht optisch eine Art pochiertes Ei, ohne sich das – mitunter in Ferkelei ausartende – Pochieren zumuten zu müssen. Etwa fünf Minuten bei niedriger Hitze (zugedeckt!) garen bis das Eigelb von einer schönen weißen Hülle umgeben ist. Eier salzen.

Kartoffelstampf in tiefe Teller geben, eine Mulde in die Mitte drücken und darin das Schmorgemüse füllen. Daneben die Eier anrichten und fertig.

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