Und? Wieviel Liter Kaffee, Espresso, Cappucino trinken Sie so am Tag? Ich erinnere mich schemenhaft an Zeiten, wo ich im Redaktionsbüro gut und gerne 1,5 Liter Filterkaffee am Tag weggesoffen habe. Ja, gesoffen. Trinken und genießen konnte man das nicht nennen. Zu meiner Verteidigung bleibt nur zu sagen, dass ich damit eher am unteren Rand der Konsumskala lag. Es gab Kolleginnen und Kollegen, die wären bei meiner Menge wegen akuter Unterkoffeinierung kaum arbeitsfähig gewesen. Zumindest waren sie selbst davon überzeugt. Wie auch immer, wir haben damals felsenfest daran geglaubt, zu wenig Kaffee raubte uns Kreativpotential.
Ein Team der Universitäten Arkansas und North Carolina veröffentlichte nun kürzlich eine Studie in der erstmals Untersuchungen über die Auswirkungen von Koffeinkonsum auf die Kreativität beschrieben werden. Darya Zabelina, Professorin für Psychologie und Hauptautorin der Studie schreibt dazu: „In westlichen Kulturen ist Koffein stereotyp mit kreativen Berufen und Lebensstilen verbunden – von Schriftstellern und ihrem Kaffee bis hin zu Programmierern und ihren Energiegetränken, und diese Stereotypen enthalten mehr als nur einen Kern der Wahrheit.“
Anlass für die Studie war für die Autorin der Umstand, dass Koffein das weltweit am häufigsten konsumierte Psychopharmakon ist. So dokumentieren zahlreiche Studien zwar die Auswirkungen von Koffein auf Wachsamkeit, Stimmung, Konzentration und Aufmerksamkeit, aber inwieweit es auf das kreative Denken Einfluss nimmt, war unbekannt. In einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblind-Studie untersuchte man deshalb bei den Probanden die Auswirkungen eines moderaten Koffeinkonsums auf die kreative Problemlösung (konvergentes Denken) und die kreative Ideengenerierung (divergentes Denken), orientiert an wissenschaftlich gängigen Maßstäben. Und fand heraus, dass Teilnehmer, die 200 mg Koffein (in Pillenform) konsumierten, im Vergleich zu den Placebo-Probanden, eine signifikant verbesserte Fähigkeiten zur Problemlösung zeigten. Auf Ideengenerierung und Arbeitsgedächtnis hatte der Konsum jedoch keinen Effekt. Allerdings wirkte sich das Koffein positiv auf die Stimmung aus. So gaben die Probanden an, sich weniger traurig gefühlt zu haben.
So interessant die Ergebnisse in Bezug auf den reinen Wirkstoff Koffein auch sind – mich hätte viel mehr interessiert, welchen Effekt koffeinierter Kaffee hat, ganz besonders auch im Vergleich zur Pille. Denn für mich persönlich ist die sinnliche Komponente des Kaffeekonsums nicht von der psychologischen Wirkung zu trennen. Zumal die Wissenschaft schon längst herausgefunden hat, dass allein schon der Duft von Kaffee einen Wachmachereffekt hat. Vielleicht macht der Duft auch kreativ? Frau Zabelina, übernehmen Sie!
Und jetzt ist’s höchste Zeit für einen Cappucino. Die Tasse (mit einem doppelten Espresso zubereitet) dürfte etwa 60 mg Koffein enthalten. Ich sollte wohl mal meinen Konsum von zwei auf drei erhöhen – bei meiner kreativen Problemlösungsfähigkeit ist aktuell nämlich noch reichlich Luft nach oben.