Können Sie sich noch an die Erkältungen Ihrer Kindheit erinnern? Ich weiß noch, wie ich da mit verstopfter Nase und Fieber im Bett lag und Hörspielen von Die drei ??? lauschte. Und wie meine Eltern mir heiße Honigmilch gegen meine fiesen Hustenattacken einflößten. Schon der Gedanke an das Zeug ließ mich würgen, weshalb ich mich damals mühte, jeden Hustenreiz zu unterdrücken. Auf dass der Kelch des Zaubertranks an mir vorübergehe. Denn weder mochte ich Milch, noch Honig. Als mir meine geschätzte Hausärztin Jahrzehnte später erzählte, dass die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) vom Konsum aller Milcherzeugnisse während einer Erkältung abrät, weil es – nach deren Auffassung – die Schleimbildung fördert und die Heilung behindert, fühlte ich mich in meiner Abneigung bestätigt. Wohl wissend, dass die Studienlage zu diesem Thema dünn und für meinen Geschmack wenig aussagekräftig ist. Man glaubt halt gerne, was man glauben will.
Etwas besser erforscht ist die Wirksamkeit von Honig gegen Husten. Vor wenigen Wochen erschien dazu eine Meta-Studie in einem Fachblatt für Evidenzbasierte Medizin (BMJ Journals). Dafür werteten Wissenschaftler der Oxford University Medical School (UK) 14 randomisierte Studien mit insgesamt 1345 Probanden aus. Und sehen Anhaltspunkte dafür, dass Honig die Hustenhäufigkeit und den Schweregrad des Hustens vermindern und eine kostengünstige Alternative zu Antibiotika sein kann. Honig könnte dazu beitragen, so die Autoren, die Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen zu verlangsamen. Um all‘ diese Effekte noch besser und sicherer einschätzen zu können, seien allerdings weitere hochwertige, placebokontrollierte Studien erforderlich.
Schon in antiken Schriften ist vom Honig die Rede, wobei damit vermutlich Dattelhonig gemeint gewesen ist, der im Vergleich zum kostbaren Bienenhonig leicht selbst herzustellen war. Imkerei soll es gleichwohl auch schon weit vor unserer Zeitrechnung gegeben haben. So fanden Wissenschaftler der Hebrew University of Jerusalem bei Ausgrabungen im Jordantal 3.000 Jahre alte Tonzylinder, die eindeutig als Bienenstöcke identifiziert werden konnten. Wer mehr darüber wissen möchte, kann die Untersuchungsergebnisse hier nachlesen.
Honig ist schon länger ein Kulturgut als Wein, und das soll was heißen. Seine kulinarische Bedeutung erscheint mir aktuell etwas in Vergessenheit geraten zu sein, dabei enthält Honig eine stattliche Anzahl aroma-aktiver Verbindungen. Über 600 davon sind bereits entschlüsselt. Einfluss auf das Aroma haben die geographische Lage, die Bienenart, die Herkunft des Nektars, Mikro-Organismen, und der Anteil Honigtau, den Bienen gelegentlich auch einsammeln, wenn sie in Waldgebieten umherschwirren. Verarbeitung und Alter wirken ebenfalls auf das Aroma ein. Was nahezu alle Honigsorten eint, sind Noten, die an Vanille, Karamell und Butter erinnern, sowie eine dezente säuerliche Note, für deren Erkennen man allerdings schon genau hinschmecken muss. Marta Szumiata von der Kulinarischen Universität Warschau hat dazu einen lesenswerten Beitrag auf foodpairing.com verfasst. Dort verrät sie, dass Blütenhonig von Buchweizen malzige Noten aufweist, Kastanie blumig wirkt und Linde Untertöne von Minze, Thymian, Oregano und Estragon aufweist. Lavendelhonig enthält dagegen Aromaverbindungen, die Noten von Kräuter- und Zitrusfrüchte erkennen lassen. Welche Bedeutung die Arbeit der Bienen auf das Aroma des Honigs hat, erläutert Marta am Beispiel von Rapshonig, wo die Rosennote im Nektar sehr intensiv, in der Blüte jedoch kaum zu bemerken ist. Rapshonig enthält auch würzige Konponenten wie Nelke und Anis, sowie dezente Röstnoten.
Honig hat also viel mehr zu bieten als nur Erkältungsbeschwerden lindern oder Speisen süßen. Wer die unterschiedlichen Aromenprofile der vielen Honigarten geschickt zu nutzen versteht, kann so mancher Zubereitung einen überraschenden Kick verleihen. Probieren Sie es aus.