Da rannte ich jahrelang durch Wald und Dickicht unserer Heimat, aber was übersah ich in all‘ der Zeit? Genau, die vielen Schätze, die dort sprießten, hingen, baumelten, und von denen ich annahm, sie seien giftig. Wenn ich im Winter an knallroten Beeren vorbeilief, freute ich mich des Anblicks, ließ aber die Finger davon. Musste mindestens Bauchweh machen, das Zeug, dachte ich. Sonst hätten es doch längst die Vögel gefressen.
So kann man sich irren. Dank meiner Pflanzen-Erkennungsapp bin ich nun mehr denn je als Sammler unterwegs. Restzweifel tausche ich gegen Wagnis und Neugierde ein. So lernte ich auch die Glasbeere kennen, die optisch an Rote Johannisbeeren erinnert und sogar im Geruch Ähnlichkeiten aufweist, wenn man sie zwischen den Fingern zerreibt und dran schnuppert. Im Geschmack sind die Glasbeeren, die – je nach Region – auch Gewöhnlicher Schneeball, Herzbeere oder Blutbeere genannt werden, allerdings ein anderes Kaliber. Neben der Säure schlägt vor allem die Bitternote durch. Erst winterlicher Frost mildert das Bittere, weshalb die meist wild oder in Ziergehölz wachsenden Beeren frühestens nach Einsetzen der ersten Nachtfröste geerntet und verarbeitet werden sollten.
Ich will ehrlich sein: Der Rohverzehr größerer Mengen ist mir zu sportlich. Bei Wikipedia ist von einer (schwach) giftigen Wirkung, vergleichbar mit dem Echten Johanniskraut, zu lesen. Aber zur Herstellung von Marmelade eignet sich die Glasbeere gut, wobei man sie, für meinen Geschmack, besser mit anderen Früchten kombiniert verarbeitet. Das Bittere schlägt sonst zu stark durch. Ich hab’s mal in Kombination mit Granatapfelkernen probiert und war recht zufrieden, obwohl da noch Luft nach oben ist. Meine nächste Ernte Glasbeeren werde ich mal für Aufgesetzten verwursten. Allein für die seltene Bezeichnung Glasbeerschnaps auf dem Etikett sollte sich das schon lohnen.