In jedem Ende liegt ein neuer Anfang, sagt ein Sprichwort. Doch manchmal braucht es zwei Enden für einen echten Neuanfang, so einen, wie ihn Eric Werner gemacht hat. Man fügt die Enden zusammen, und die Sache wird rund. Wie auch immer, an Eric Werner lag es ganz sicher nicht, dass seine letzten beiden Stationen als angestellter Küchenchef mit der Schließung der von ihm geleiteten Restaurants endeten. In der Essener Résidence, wo er zwei Michelinsterne gehalten hatte, entschied sich Patron Berthold Bühler nach drei Jahrzehnten Spitzengastronomie für einen wohl verdienten Abschied in den Ruhestand. Die Hotel-Villa der Bühlers in Kettwig wurde verkauft, das darin beheimatete Restaurant geschlossen. Schon damals dachte Eric über ein eigenes Projekt nach, aber dafür müsse halt alles passen, sagte er mir. Und so wechselte er zunächst in das Restaurant Himmel und Äd / Hotel Wasserturm nach Köln, überzeugte auch dort mit seinen Leistungen, bis sich der Betreiber zu einem Konzeptwechsel entschied und dem schicken Restaurant mit seiner herausragenden Küche und dem traumhaften Ausblick den Garaus machte.
„Es wird Zeit für ein eigenes Restaurant“ verriet er mir beim letzten Mahl im Wasserturm, als ich ihn nach seinen Zukunftsplänen befragte. Das Konzept dafür stand schon lange, und aus seinem Wunschort machte er auch kein Geheimnis. In Köln sollte es sein, wo auch seine Familie lebt, und wo es eine hohe Akzeptanz für ambitionierte Küche gebe. Am 1. August startet nun endlich sein Neuanfang, aber schon am Montag bekamen einige Journalisten erste Einblicke in das Refugium an der Krefelder Straße 37, vis-a-vis des La Moissonnier gelegen, Kölns kulinarischer Institution.
Eric Werner hat sein neues berufliches Zuhause von Grund auf renoviert. Wer ihm über die sozialen Medien folgt, konnte Zeuge werden, wie aus dem rustikalen Ambiente der Avila Tapas Bar ein Schmuckstück wurde. Wenn er als Patron und Küchenchef sagt: „die Inneneinrichtung ist 100% Eric Werner“, dann ist seine tief empfundene Freude darüber herauszuhören, endlich angekommen zu sein, endlich genau das Ding an den Start gebracht zu haben, das ihm schon so lange durch den Kopf ging. Sein Ding. So soll die pop-artige Deckengestaltung in den Toiletten Club-Atmosphäre vermitteln und die tapezierte Dschungeloptik im Speiseraum für die Anziehungskraft des „Großstadtdschungels“ stehen, die auch Eric Werner nicht loslässt. Da schaut ein Orang-Utan durch die Tür, und ich muss sofort an eine Zeile aus Peter Fox‘ Song Stadtaffe denken. „Ein Primat muss kein‘ Beruf ham‘. Ein Stadtaffe muss die Stadt im Blut ham‘.“ Musik, auch die wird es im astrein geben. „Old School Hiphop in dezenter Lautstärke“, sagt Eric. A Tribe Called Quest könnte passen, finde ich. Aber vielleicht wird es auch noch mehr old school. Ganz sicher gibt es schon eine Playlist. Eric Werner machte mir nie den Eindruck, unvorbereitet zu sein. Und sein Herzensprojekt, das eigene Restaurant, das hat er ohnehin schon lange bis ins Detail durchdacht.
Man könnte jetzt noch über die sehr bequemen Drehstühle reden, die Beleuchtung, Teller und Gläser. Alles überlegt ausgewählt. Aber man würde der Arbeit von Eric Werner nicht mal ansatzweise gerecht, redete man nicht über seine Küche. „Du isst, was du siehst. Der Gast soll beim Dessert noch wissen, was er als Vorspeise gegessen hat“, gibt Eric zu Protokoll. Dass er von der Französischen Hochküche grundiert, aber nicht ihr ihr Sklave ist, hat er schon an seinen früheren Stationen bewiesen. Da kommt zum Beispiel Gebeizter Heilbutt mit Ingwerschaum, Apfel-Gurken Relish, Wasserkastanie, Gillardeau Auster Nr.0 und Bronze Fenchel auf den Teller oder Zweierlei vom Münster Weiderind, Rücken und geschmorter Bug mit roter Zwiebelmarmelade, glasiertem Chicorée und Ribisel-Balsamico Jus oder im vegetarischen Menü Gebratene Steinpilze mit Parmesan Risotto, Petersilien-Gremolata, getrocknete Strauchtomaten und Schnippelbohnen. Wenn Eric Werner sagt, er mache sich keinen Druck, was die Bewertungen der wichtigen Restaurantführer angeht, dann nimmt man ihm das ab. Schon die Gerichte auf der Speisekarte lesen sich nicht so als wolle da jemand mit Gewalt Kritiker beeindrucken. Und das ist gut so. Eric Werner will seine Gäste glücklich machen und ein bisschen wohl auch sich selbst (was unbedingt legitim ist, nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen). Man darf trotzdem gespannt sein, welchen Eindruck seine Küche auf die Inspektoren und Kritiker der wichtigsten Guides macht.
Für Gäste, die gerne Wein zum Essen trinken, gibt es eine gute Nachricht. astrein liegt so nah am gut vernetzten Kölner S-Bahnhof Hansaring, dass man problemlos mit dem Nahverkehr anreisen und das Auto zuhause stehen lassen kann. Sogar vom Ruhrgebiet aus, Eric Werners alter Heimat, ist es kein endloses Gegurke. Die ersten Tage ist das Lokal, in dem mittags und abends aufgetischt wird, übrigens schon astrein ausgebucht.