Michelin: Die neuen Sterne sind da!

Für die Spitzengastronomie war heute ausnahmsweise November, weil die 2019er Ausgabe des Guide Michelin Deutschland um drei Monate nach hinten geschoben worden war (der kompottsurfer berichtete). Fünf neue 2-Sterne-Restaurants weist der Guide in diesem Jahr aus: Das „Purs“ in Andernach (Küchenchef Christian Eckhardt), das „Luce d’Oro“ auf Schloss Elmau in Krün, „Sosein.“ in Heroldsberg,  „Alexander Herrmann by Tobias Bätz“ in Wirsberg sowie „Ox & Klee“ in Köln. Bei den Dreisterne-Häusern blieb alles beim alten, soweit man die Schließung von Thomas Bühners La Vie in Osnabrück 2018 schon eingepreist hat.

„Die Ausgabe 2019 belegt die ungebrochen positive Entwicklung der deutschen Topgastronomie. Getragen wird dieser Erfolg sowohl von etablierten Altmeistern der Spitzenküche als auch von einer Generation junger, talentierter Köche mit erstklassiger Ausbildung und neuen, frischen Ideen“, sagt Gwendal Poullennec, der neue internationale Direktor des Guide Michelin.

Im heimischen Ruhrgebiet hält Frank Rosin (Dorsten) die 2 Sterne, ein Stern leuchtet weiterhin für  Goldener Anker (Dorsten), Palmgarden (Dortmund) sowie Schote und Laurushaus auf Schloss Hugenpoet (beide Essen), Am Kamin (Mülheim a.d. Ruhr), Landhaus Köpp (Xanten) und Haus Stemberg (Velbert).

Soweit erstmal in aller Schnelle und Kürze.

Warum es 2018 keine neuen Michelinsterne geben wird.

Beim Michelin kommt es jetzt so wie mit der Fußball-WM in Katar: Man wird sich auf ganz andere Termine einstellen müssen. Während die WM vom unumstößlich scheinenden Sommer in den Winter wechselt, wandert der Erscheinungstermin des Michelin Deutschland vom gewohnten November in den April Februar. Bedeutet: etwas weniger Nervosität im ohnehin stressigen Weihnachtsgeschäft der Spitzengastronomie. Man muss das Positive sehen.

„Durch die Ausweitung der Reihe verschieben sich aus organisatorischen Gründen für bestimmte Ausgaben die traditionellen Einführungstermine zum Jahresende. Hierzu zählen auch die Guides MICHELIN Deutschland und Schweiz“, begründet der Direktor des Guide MICHELIN Deutschland und Schweiz, Ralf Flinkenflügel, den überraschenden Schritt. Die für 2018 im vergangenen Jahr verliehenen Sterne werden also ausnahmsweise eineinviertel Jahre gültig bleiben, bevor es eine Neubewertung gibt. Auch der Michelin Guide „Bib Gourmand Deutschland“ wird erst 2019 wieder neu aufgelegt. Er stellt alle Restaurants vor, die 2019 den Bib Gourmand für sorgfältig zubereitete Speisen zu einem besonders guten Preis-Leistungs-Verhältnis erhalten und knapp unter der Sternenklasse liegen. Für mich sogar der wertvollere Guide, weil es dort viel mehr gutes Neues zu entdecken gibt.

Keramischer Grill: Klingt kurios, kann aber cool kokeln.

Wer kennt noch Tupperpartys? Also die Tupperpartys unserer Mütter und unserer Mütter Mütter? Ich erinnere mich jedenfalls noch genau, wie das war, wenn die Tupperqueen bei uns zu Hause aufkreuzte und die anwesenden Damen in einen Kaufrausch quatschte. Herren, explizit die Ehemänner, waren nie anwesend, aber Mann fürchtete sich vor diesen Tagen, insbesondere vor den drohenden Kosten für Zukäufe.

Wie ich auf Tupper komme? Nun ja, obwohl die Plastikpartys der 1970er Jahre aus der Mode gekommen sind, haben sie doch nachhaltige Wirkung auf Verkaufsstrategien gehabt. Heute kommen – zum Beispiel – die Verkaufsexperten von Thermomix ins Haus und werben anschaulich für die Supermaschine, die so ziemlich alle Küchenjobs kann, außer putzen vielleicht. Wer den Job des unterhaltsamen Vermarktens außergewöhnlicher Gegenstände des gemeinen Küchenwesens besser beherrscht als jede Tupperqueen ist Delikatessenpapst Ralf Bos, dessen Handelsbetrieb Bosfood in der Spitzengastronomie große Wertschätzung genießt und zunehmend auch vom ambitioniert kochenden Endverbraucher gesuchtet wird. Trüffelexperte Ralf ist in den letzten Jahren auch zum Grillfachmann avanciert, und nachdem ich vor zwei Jahren schon seinen Vortrag über die Vorzüge des Plancha Grills erlebt habe, war ich am Donnerstag in seiner Meerbuscher Zentrale, um etwas über die keramischen Kugelgrills von Monolith zu erfahren.

Anwesend waren, neben Ralf himself, auch der Firmenchef von Monolith, Matthias Otto, der die Funktionsweise der Geräte erläuterte und Guiseppe Messina, Kochkünstler mit reichlich Expertise im Umgang mit außergewöhnlichen Gar- und Räuchertechniken. Einem größeren Publikum durch sein Mitwirken bei Kitchen Impossible bekannt geworden. Guiseppe bereitete für das knappe Dutzend illustrer Gäste, unter denen neben den Düsseldorfer Spitzenköchen Peter Nöthel und Benjamin Kriegel (Fritz’s, Frau, Franzi) auch Comedian Dieter Nuhr weilte, ein paar Köstlichkeiten auf und im Monolith zu. „Mit dem Grill kann man auch Brot backen. Und Pizza,“ verriet Messina und Ralf Bos ergänzte „wir wissen ja: eine gute Pizza braucht 400° Grad Celsius Hitze, damit sie wirklich gut schmeckt.“

Fassen wir kurz zusammen: Grillen, Niedrigtemperaturgaren, Backen, Räuchern – dieser Grill kann alles. Dabei geht seine Funktionsweise auf alte Feuerstellen zurück, wie sie in Asien schon vor Jahrtausenden genutzt wurden. Sozusagen Tandoori-Ofen 2.0. Ein Ellipsoid, ausgestattet mit Luftregulator zur Temperatursteurung oben und unten, sowie Thermometer, Befüllungsschacht für Holzchips zum Räuchern sowie Kohle- und Aschebehälter.

Ich stelle mir vor, Monolith Version 4.0 kommt eines nicht mehr allzu fernen Tages wie R2D2 in Gang, als (Achtung, jetzt kommt wieder eine meiner gefürchteten Wortschöpfungen) G_Astromechdroide. Der Essen zubereiten, servieren und kommentieren kann. Gewisse äußerliche Ähnlichkeiten sind schon jetzt vorhanden. Darauf lässt sich aufbauen. Die Preise für den hitzigen R2D2 von Monolith liegen – je nach Größe und Ausstattung – zwischen 690 Euro (Modell Junior) und 2.790 für (Modell Le Chef mit Buggy). Erhältlich, natürlich, im Bosfood Shop. Denn auch wenn Ralf sich sehr emsig und erfolgreich für sein Spendenprojekt Spitzenköche für Afrika / Menschen für Menschen engagiert – Geld verdienen muss er auch. Und das am liebsten, so sieht es jedenfalls aus, mit Dingen an denen er selbst Spaß hat. Denn längst nicht für jedes Produkt aus seinem großen Angebot bringt er sich als werbender Anchorman in Stellung. Der kompottsurfer hat kein Problem mit solcher Werbung. Im Gegenteil. Solange die Produkte gut sind, sollte es der konsumierenden Welt da draußen zur Kenntnis gebracht werden.

Eric Werners letzter Gang im Kölner Wasserturm: „Es wird Zeit für ein eigenes Restaurant.“

Mein Besuch bei Eric Werner war ganz anders geplant, so viel vorweg. Der ehemalige Küchenchef des Essener Zweisterne-Restaurants Résidence, das nach 32 Jahren im Dezember 2016 schloss, war im letzten Jahr Richtung Köln gezogen, um sein Schaffen im noblen Hotel Wasserturm fortzusetzen. Das Restaurant ist im elften Stockwerk des Turmgebäudes verortet, und wohl auch deshalb wurde es auf Himmel und Äd getauft, zumal es mit dem gleichnamigen regionalen Küchenklassiker einen kulinarischen Bezugspunkt gibt. Aber wie das so ist zwischen Himmel und Hölle, pardon: Erde – es gibt reichlich Platz für Bewegung.

Eigentlich wollte ich mit Eric Werner den Auftakt einer neuen Themenreihe für den kompottsurfer starten, aber das Vorhaben geriet in den Hintergrund als Eric mir eröffnete, die neue Betreibergesellschaft des Hotels werde das Restaurant oben schließen, weil es andere Pläne mit den Räumlichkeiten habe. Eine sehr kurzfristig bekannt gemachte Entscheidung, die für den hochveranlagten Koch schon den zweiten schließungsbedingten Wechsel innerhalb von nur eineinhalb Jahren bedeutet. Aber während Berthold Bühler aus der Essener Résidence seinen Gang in den Ruhestand und das Ende seines namhaften Hotel-Restaurants langfristig anging, kommt das Himmel und Äd gefühlt schneller unter die Erde als der Fahrstuhl vom elften Stockwerk des Wasserturms in die Tiefgarage.

Natürlich wollte ich wissen, ob er schon einen Plan habe, und war erstaunt, dass Eric Werner so schnell bereits klar war mit seiner beruflichen Zukunft. Er werde sein eigenes Ding machen, ein eigenes Restaurant in Köln, sagte er mir. Und wenn alles so läuft wie er sich das wünscht und vorstellt, könnte es bereits im Sommer so weit sein. Natürlich wird der kompottsurfer dranbleiben und berichten, wie es für den ambitionierten Küchenchef in der Domstadt weitergeht.

Und so tischten Eric und sein Team ein letztes Mal auf. Ein letztes Mal Kochkunst im Wasserturm, begleitet von klug ausgewählten Weinen und zwischenzeitlichen Gesprächsbesuchen des Küchenchefs, wo ich einen genussreichen und kurzweiligen Abend mit liebenswerten Tischnachbarn verbringen durfte. Kulinarisch besonders begeistert haben mich im Menü die Feldsalat-Mousse, Rauchfisch-Essenz, Apfel und Imperial Kaviar, das wunderbar fein durchzogene Kagoshima Rind A5, das bestem Kobe in nichts nachsteht, großartiger grün-weißer Spargel aus Frankreich, ein goldenes Mandel-Schoko-Ei mit Rhabarber und Vanille und und und. Wie „und und und“? Will der kompotssurfer seine Leser etwa damit abspeisen? Will nicht, aber muss. Leider. Ich habe am Tisch nicht mitgeschrieben, ich wollte ungestört genießen, und eine Karte habe ich auch nicht mitgenommen. Deshalb möge man mir die Unschärfen verzeihen. Und wo wir gerade bei Unschärfe sind: An so viel Wein bin ich in einer intensiven Trainingsphase wie jetzt auch nicht mehr gewöhnt.

Ich kann nur sagen, dass ein paar der letztjährigen Gastronomieführer ein ganzes Stück an der Leistungsfähigkeit von Eric Werner vorbei bewertet haben. Bleibt zu hoffen, dass ihn seine Arbeit in der neuen Örtlichkeit dahin bringt, wo er hin will: nach oben. Und zwar ganz ohne Aufzug.

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