Schweinepreise im Keller, Spargel geht durch die Decke. Was dürfen Lebensmittel kosten, und was sind sie uns wert?

Ich sag‘ mal so: Wenn ein Kilogramm Schweineschnitzel weniger kostet als ein Kilogramm Spargel, liegt was im Argen. Und im Moment ist genau das Stand der Dinge: Ein Kilogramm Schweineschnitzel gibt’s bei einer großen deutschen Supermarktkette für 5,49 Euro, ein Kilogramm frischer Weißer Spargel ebenda für 6,98 Euro. Da werden also von Verbrauchern und Medien Schweinepreise beim Spargelpreis beklagt, dabei sind die echten Schweinepreise Billigpreise. Die Schweinerei ist nicht der hohe Spargelpreis, sondern der entwürdigend niedrige Schweinepreis. Entwürdigend für Mensch und Tier. An einer Schweinebörse (ja, so etwas gibt es wirklich) kostet das Kilo schlachtwarm gewogenes Fleisch rund 1,60 Euro. Man wirbt allen Ernstes mit 3, 2, 1 … Deins! als würde man Schnäppchen bei eBay schießen und keine Schweine erschießen.

Wie lange ist es her, dass uns die Corona-Ausbrüche in heimischen Schlachtbetrieben empörten? Neun Monate? Großschlachter wie Tönnies müssten mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, hieß es damals aus dem Bundesarbeitsministerium. Und heute? Besäße Tönnies nicht die Dreistigkeit, Stadtverwaltungen wie die von Rheda-Wiedenbrück vor Gericht zu zerren und auf Schadensersatz zu verklagen – die Öffentlichkeit hätte längst vergessen, dass da mal was war. Dabei hatte sich sogar der Deutsche Ethikrat der Sache angenommen. „Ich kenne kein einziges Rechtsgebiet, in dem so heuchlerisch vorgegangen wird wie im Tierschutzrecht“ sagte Steffen Augsberg seinerzeit, Sprecher der Arbeitsgruppe Tierwohl im Deutschen Ethikrat. Es mache in ethischer Hinsicht zwar wenig Sinn, Tiere pauschal mit dem Menschen gleichzusetzen, so Augsberg weiter, aber die dem Menschen eigene, ihn auszeichnende Fähigkeit zu moralischer Reflexion bedeute, dass er Tierwohlachtung als Gattungsgrenzen überschreitende Verpflichtung verstehen sollte.

Das alles muss uns nicht in den Vegetarismus treiben, mich schon gar nicht, dafür esse ich zu gerne Fleisch, aber müssen es diese Mengen sein? Es gibt wirklich Leute, die von sich behaupten, wenig Fleisch zu essen, höchstens mal ein Kotelett oder ein Rindersteak die Woche. Zugleich haben sie aber jeden Tag Wurst und Schinken auf dem Tisch. So degeneriert ist teilweise schon die Wahrnehmung, dass mancher Konsument verarbeitetes Fleisch gar nicht mehr für Fleisch hält, nur weil man Wurst oder Schinken draus gemacht hat. Nix gegen Wurst und Schinken, aber für meinen Geschmack sind wir schon zu weit abgedriftet mit unserem maßlosem Konsum von Fleisch und Wurst, der nur noch mit Ware aus industrieller Großschlachtung gesättigt werden kann, weil wir zu allem Unglück auch noch ein Volk von Schnäppchenjägern geworden sind.

Nein, den Appetit verdirbt mir das alles nicht. Schließlich kann ich den Spargel auch mal ohne Schinken essen. Nicht immer, aber öfter. Nur Wein muss dabei sein. Da kenn‘ ich keine Kompromisse.

 

 

Wurde auch Zeit: Endlich dürfen wir Mehlwürmer essen. Aber was zum Teufel ist Ento-Vegan?

Mehlwürmer – die Zukunft nachhaltiger Ernährung?

Als zwei Studenten aus Osnabrück im Jahr 2015 einen Burger aus Insekten schufen, war das Produkt einem sicheren Platz im Supermarktregal so nah wie Annalena Baerbock einer Kandidatur zur Kanzlerin. Aber so wie die Menschen in Deutschland mehr und mehr eine grünere Zukunft herbeisehnen, ist auch die Akzeptanz von Produkten wie Insektenburger als umweltfreundlicher Fleischersatz gestiegen. Und es gibt sie längst bei REWE zu kaufen.

Die industrielle Fleischproduktion hat den Konsum nachhaltig entblutet. Portionsgerecht zurechtgeschnitzelt ist Nahrungsmitteln ein tierischer Ursprung kaum noch anzusehen. Und das dürfte von den Großfleischereien auch so gewollt sein. Der Konsument soll ja nicht mit Gewissenbissen seine Zähne ins Kotelett hauen. Das würde nur auf den Appetit und damit auf den Umsatz schlagen.

Würden die Bundesbürger wohl noch die gleiche Menge Fleisch vertilgen, wenn sie die Tiere selbst schlachten müssten? Ich halte das für wenig wahrscheinlich. Eher steigt der Respekt vor dem Tier, und man lernt alles schätzen, was so ein geschlachtetes Rind oder Schwein hergibt. Vom Blut über die Innereien bis zu den Haxen.

In 2008 berichtete ich hier erstmals darüber, welche Folgen Massentierhaltung für das Klima hat. Und natürlich gehört auch diese Frage auf den Tisch, wenn es um umweltfreundliche Zukunftsgestaltung geht. Nun hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vor wenigen Tagen die Zulassung des Gelben Mehlwurms (Tenebrio molitor larva) als neuartiges Nahrungsmittel im Rahmen der Novel-Food-Verordnung beschlossen. Es ist damit das erste durch die Verordnung offiziell genehmigte Insekt seit deren Einführung in 2018. Zwar durften auch vorher schon Insekten als Nahrungsmittel verkauft werden, aber nur deshalb, weil sie bis dahin nicht als neuartig galten. Das änderte sich erst mit der Verordnung. Aber weil man nicht alle bereits auf dem Markt befindlichen Produkte auf einen Schlag verbieten wollte oder konnte, dürfen Erzeugnisse im Rahmen einer Übergangsfrist auf Antrag so lange weiter verkauft werden, bis eine endgültige Genehmigung der EFSA erfolgt ist. So entkam  auch der Insektenburger der Bug Foundation den Tentakeln der Bürokratie.

Nun sind wir an einem Punkt angekommen, wo wir die in vielerlei Hinsicht schlimmen Folgen großindustrieller Fleischproduktion nicht mehr übersehen können. Corona hat uns noch mal vor Augen geführt, dass neben den Tieren auch Menschen ausgebeutet werden in diesem Geschäft. Die Bilder von eingepferchten Rindern, Hühnern und Schweinen haben wir alle im Kopf. Dazugekommen sind jetzt noch die Bilder von dicht an dicht in engen Kühlräumen arbeitenden Schlachtern, die ihren Schlaf in stallartigen Behausungen finden müssen, zusammengedrängt mit vielen ihrer Kollegen.

Aber haben Nahrungsmittel auf Basis gezüchteter Insekten tatsächlich eine realistische Chance als Alternative zum Fleischkonsum? Ich bin da skeptisch, zumindest für Deutschland. Und das liegt nicht zuletzt an unserer kulturellen Prägung. Klar, Insekten haben ernährungsphysiologisch einiges zu bieten, aber wir essen nun mal mehr nach Gefühl als mit dem Verstand. Selbst wenn dem enbluteten Konsum von Fleisch der entgliederte Konsum von Insekten folgt, die man pulverisiert zu Burgern transformiert, werden wir an den ursprünglichen Inhaltsstoffen kaum vorbei denken können, vermute ich.

Und dabei ist die wichtigste ethische Frage noch gar nicht gestellt: Können Insekten Schmerz empfinden? Neueren Forschungen zufolge können sie das sehr wohl, und ehrlich gesagt wundert mich das auch nicht. So haben Wissenschaftler der Universität Sydney mit einer Arbeit über Nervenverletzungen bei Fruchtfliegen gezeigt, dass sich bei den Tieren akute und chronische Schmerzen entwickeln können. Wenn wir es also ethisch auch nur halbwegs konsequent angehen wollen, helfen uns Zuchtfarmen für Abermillionen Insekten nicht weiter. Die so genannten Ento-veganer, die eine ansonsten strikt pflanzliche Kost um Insektenvertilgung erweitern,  geben für mich übrigens eher das Bild einer weiteren Sekte im Verbund ernährungsorienter Ersatzreligionen ab. Natürlich kann man auch Insekten essen, warum auch nicht, aber es wird sicher nicht die Welt retten.

Ganz davon abgesehen, will ich mir auch gar nicht ausmalen, was passiert, wenn Tierschützer Befreiungsaktionen von Insektenfarmen starten und die Menschheit von rachsüchtigen Krabblern in Angst und Heuschrecken versetzt wird.

Was bleibt? Die Hoffnung auf Zuchtfleisch. Jedenfalls für mich. Entbluteter Konsum von Fleisch, der ohne Tierleid möglich wird.

 

81,6 Kilogramm Essen für die Tonne: kompottsurfer empfiehlt zehn Regeln gegen Nahrungsvernichtung im Haushalt

Brot für die Tonne? Tja, man könnte auch halbe Brote kaufen …

Als Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner am Dienstag eine Studie der Universität Stuttgart zum Thema Lebensmittelabfälle vorstellte und eine durchschnittliche Vernichtung von 81,6 Kilogramm Lebensmittel pro Bundesbürger und Jahr beklagte, traute ich meinen Ohren nicht: „Wir leben in einer Überfluss- und Wegwerfgesellschaft. In Deutschland und Europa wird viel zu viel weggeworfen, wertlos gemacht, vernichtet. Jeder von uns kann seinen Beitrag leisten, die Verschwendung wertvoller Ressourcen zu stoppen. Es ist Zeit für einen Bewusstseinswandel – und für mehr Wertschätzung für unsere Lebensmittel“.
Natürlich hat Aigner inhaltlich recht, keine Frage. Aber es ist bereits sieben Monate her, dass der Film „Taste the Waste“ für Aufsehen sorgte. Auch der kompottsurfer berichtete im August 2011 über die Arbeit des Kölner Autors und Filmemachers Valentin Thurn. Und schon vor der Diskussion um diesen Film, im Mai 2011, sagte Aigner der BILD-Zeitung in einem Interview: “Eine Umfrage im Auftrag meines Ministeriums ergab: 84 Prozent werfen Nahrungsmitteln weg, weil das Haltbarkeitsdatum abgelaufen oder die Ware verdorben ist. 19 Prozent nennen zu große Packungen als Hauptgrund. 16 Prozent der Bürger werfen Lebensmittel weg, weil sie ihnen nicht schmecken. Mehr als ein Viertel gibt an, zu viel gekauft zu haben.” Jetzt also wieder eine Studie, die das bestätigt, was wir ohnehin schon wissen.
Den kompottsurfer erschreckt, wie lange es dauert, bis aus den Erkenntnissen Handeln wird, denn erst Ende März 2012 wird nun eine Aufklärungskampagne starten, die den Verbrauchern über eine neue Internetplattform Hinweise zur Vermeidung von Nahrungsmittelabfällen geben soll. Der kompottsurfer legt schon mal mit zehn nützlichen Tipps vor, denn wer weiß, was das Ministerium da ausheckt. Ergänzungsvorschläge sind natürlich immer willkommen.
1. Möglichst regelmäßige und feste Essenszeiten einplanen. Das bekommen übrigens auch Leute hin, die einen hektischen Arbeitsalltag haben. Es ist alles nur eine Frage der Organisation und der Prioritäten. Wer sein Essen richtig taktet, lernt sehr viel genauer seinen Bedarf an Lebensmitteln kennen und kann ihn besser steuern.
2. Volle Kühlschränke vermeiden. Da geht schnell der Überblick verloren. Nur maximal zwei Drittel des Platzes sollte belegt sein. Der Autor von Taste the Waste, Valentin Thurn, ahnt, warum viele Menschen ihre Kühlschränke immer so voll machen: „Wir kaufen nicht rational sondern optional ein“.
3. So oft wie möglich mit frischen, tagesaktuell beschaffbaren Zutaten kochen. Die langen Öffnungszeiten von Supermärkten haben auch eine gute Seite, denn so kann notfalls sogar nach einem späten Feierabend noch bedarfsgerecht eingekauft werden.
4. Nicht hungrig einkaufen gehen. Wer mit knurrendem Magen an Theken und Regalen vorbeizieht, legt mehr in den Einkaufskorb als benötigt.
5. Lebensmittel richtig lagern. Salate und Blattgemüse bleiben zum Beispiel in einem feuchten Küchentuch eingeschlagen im Gemüsefach des Kühlschranks länger haltbar als wenn man sie lediglich lose dort hineinlegt.
6. Vakuumiergerät anschaffen. Entlüftet eingeschweißt und anschließend gekühlt halten fast alle Lebensmittel deutlich länger. Auch zum Einfrieren von Lebensmitteln eignet sich die Technik hervorragend.
7. Sonderangebote in Großpackungen meiden, wenn klar ist, dass man die Menge ohnehin nicht verbrauchen kann.
8. Beim Blick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum immer gedanklich das MINDEST betonen. Im Zweifelsfall einen Geruchs- und Augenscheintest machen. Nur was unangenehm riecht, oder unnatürliche Farbschimmer aufweist, ist wirklich reif für die Tonne.
9. Einen Lebensmittelkontroll- und Reste-Essen-Tag pro Woche einplanen. Das bringt nicht nur die Bestände wieder in Ordnung sondern fordert auch die Kreativität beim Kochen. Und kann sogar eine lustige Angelegenheit werden, wenn man alle Mitbewohner in die Planung einbezieht.
10. Einmal pro Monat die Gefriertruhe kontrollieren. Da findet sich auch immer mal wieder ein echtes Schätzchen, das noch genießbar ist.

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