Jetzt mal im Ernst: Wie schmeckt Schuhbecks Hüttengaudi wirklich?

Ganz anders als in der Werbung: Schuhbecks Feines Zweierlei

Im Zusammenhang mit dem Besuch von Spitzenrestaurants wird oft von Schwellenängsten gesprochen, die unroutinierten Besuchern die Einkehr erschweren. Meine Schwellenangst äußerst sich dagegen beim Betreten eines Fastfood Restaurants. Kein Witz. Aber ich wollte nicht länger kneifen und dem von vielen Gourmets kritisierten Engagement des Sternekochs Alfons Schuhbeck bei Mc Donalds einmal konkret nachgehen.
So viel vorweg: Schuhbeck war nicht da. Und der Uli Hoeneß auch nicht. Da war ich schon ein bisschen enttäuscht, muss ich sagen. Aber vielleicht würde es seine Hüttengaudi-Teil-3- Kreation ja rausreißen. Nun stehe ich also am Tresen, und die Schwellenangst ist wieder da. Mit welcher Souveränität die Jugendlichen vor mir ihre Bestellungen aufgeben – Hut ab. Kleines Menü, großes Menü, Ketchup, Majo, sonstige Saucen und Getränke. Also ich finde mich in diesem Gewusel nur schwer zurecht. Vielleicht fehlt mir auch nur der Wille.
Also ich nehme Schuhbecks Feines Zweierlei. Weizenbrötchen mit Rindfleischbulette, Nürnberger Rostbratwürstchen, Hüttenkraut und Tomaten-Chili-Vanille-Sauce. Klingt gar nicht mal unappetitlich, obwohl dieses Fleischdoppel von Rostbratwürstchen und Bulette schon speziell ist. Aber was ich dann auf dem Pappdeckel hatte, schmeckte für mich eher nach Hüttengrausi. Denn Hüttenkraut und Sauce waren sehr spartanisch dosiert, ganz anders als es auf den Fotos in der Werbung aussieht. Weshalb das Ding doch arg trocken rüberkam, so sehr wie es dominiert war von Fleisch und weichem Weizenbrötchen. Immerhin, die Fleischwürzung war in Ordung, genauso wie die Textur des Fleischs. Wird Zeit, das der Alfons durch die Filialen in den Städten zieht und nachschaut, wie ernst es um seine Hüttengaudi steht.

Es ist völlig wurscht, was du isst …

Hauptnahrung Süßigkeiten – geht das?

Zu dieser Folgerung kommt der Ernährungswissenschaftler Uwe Knop in seinem neuen Buch Hunger und Lust. Der geschätzte Kollege Hajo Schumacher, alias Achim Achilles, lässt in seiner Laufkolumne auf Spiegel Online Knop im Interview zu Wort kommen. Und da lese ich Sätze wie: „Es gibt keine Beweise für irgendeine der gängigen Ernährungsregeln. Es gibt nur statistische Zusammenhänge, das heißt vage Vermutungen, sonst gar nichts. Und daraus irgendwelche Regeln für das Individuum abzuleiten ist völliger Quatsch.“
Knop weiss offensichtlich, welche Knöpfe man drücken muss, um beim Thema Ernährung PR-Punkte zu sammeln. Was taugte dafür besser, als den Menschen inhaltlich bei seiner Bequemlichkeit und seinen Gewohnheiten abzuholen? Ich bin ja selbst kein Freund von Ernährungsdogmatismus, aber wenn deutliche statistische Zusammenhänge in den Rang vager Vermutungen herabgestuft werden, dann kann ich die Positionen dieses Mannes wirklich nicht mehr ernst nehmen.
Er selbst sagt: „Der Körper hat über Jahrzehnte gelernt, was wo drin ist. Das ist die kulinarische Körperintelligenz.“ Woher weiß er das? Gibt es zumindest statistische Zusammenhänge, die ihn daraus wenigstens eine vage Vermutung ableiten lassen, oder gibt seine Aussage nicht mal das her?
Dass es keine gesunden und ungesunden Lebensmittel gibt, ist nun wirklich nicht neu. Das lernt fast jeder angehende Ernährungswissenschaftler schon im ersten Semester. Ich hörte sogar mal von einem Professor, der seinen Studenten Strafzölle abnötigte, wenn sie von einem „gesunden Lebensmittel“ sprachen. Funktionierte so ähnlich wie das Phrasenschwein in der Fußballsendung Doppelpass auf DSF. Aber von gesunder und ungesunder Erährung darf auch bei den Ernährungswissenschaftlern gesprochen werden.
In einer systematischen Metastudie von Renehan, Tysen, Egger und Kollegen der University of Manchester (LANCET 16.2.2008) wurde das Verhältnis von Krebs und Körpergewicht (orientiert am BMI) untersucht. Für die Analyse wurden 141 Publikationen mit insgesamt 282.137 Krebspatienten aus 76 Studien herangezogen. Mit folgenden Ergebnissen: Erhöht sich der BMI nur um 5 kg /m2 steigen die Risiken für viele Krebsarten deutlich. Bei den Männern liegt die Gefahr für Speiseröhrenkrebs um 52%, Schilddrüse 33%, Dickdarm 24% und Niere ebenfalls um 24% höher. Bei den Frauen machen Karzinome der Gebärmutterschleimhaut 59%, Gallenblase 59%, Speiseröhrenkrebs 51% und Niere 34% die deutlichsten Gefahrenherde aus.
So viel zu den vagen Vermutungen. Und dass Ernährung – nach Bewegungsmangel – zu einem Hauptfaktoren für Übergewicht zählt, daran dürfte niemand ernsthafte Zweifel haben, der noch alle Tassen im Schrank hat.
Wer mal in den Podcast zur Studie reinhören will, surft hier entlang (lange Ladezeit).

Kampfsage von Ärzten und Krankenkassen: Die Lebensmittelampel leuchtet wieder

Die Nährwertampel

Der Kampf für eine Ampel-Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln schien spätestens nach dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl aussichtsloser denn je. Über das Für und Wider hatte der kompottsurfer in den letzten Jahren immer wieder berichtet und dabei klar für eine Kennzeichnungspflicht votiert.
Nun, wo der Kampf gegen die lobbystarke Lebensmittelindustrie schon fast verloren schien, legen die Befürworter der Kennzeichnungspflicht noch mal einen Gang zu. Wie der digitale Spiegel heute berichtet, fordern Ärzte und Krankenkassen in einem Brief an deutsche EU-Abgeordnete, sich im europäischen Parlament für die Ampel einzusetzen. Und es sind nicht nur ein paar versprengte Funktionäre und Gutmenschenärzte, die das Papier unterzeichnet haben, sondern es sind der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen, der AOK-Bundesverband, die Verbraucherzentralen, die Bundesärztekammer sowie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und die deutsche Herzstiftung. Da ist mächtig Druck hinter. Und endlich kommt richtig Bewegung ins Geschehen. Die Schlacht ist also noch nicht verloren.

Hart aber fair: Dick, dicker, deutsch

Spannende Diskussionsrunde über mein aktuelles Lieblingsthema bei Frank Plasberg, der die gestrige Sendung Hart aber fair mit den folgenden Fragen zuspitzte: Zu viel Pizza, zu viel Pommes– jeder zweite Deutsche ist zu dick. Schon unsere Kinder wiegen viel zu viel. Die Folgen können dramatisch sein: Depressionen, Diabetes, Herzinfarkt. Doch wer hat Schuld?
Am Ende ausgerechnet die Schuldfrage. Hätte man sich auch sparen können. Schuldzuweisungen haben, wie ich finde, selten konstruktiven Charakter, sie lenken ab und führen oft dazu, robleme in gegeneinander Aufrechnen von Einzelaspekten zu zerreden, statt einen Blick für die Summe aller Faktoren zu gewinnen. Für mich also der falsche Ansatz, obwohl die Sendung trotzdem sehr gut und wichtig war. Und das lag nicht zuletzt an den vielen informativen Einspielern von Frank Plasberg. Die Gäste fand ich nahezu durchgängig nur mässig bis gar nicht überzeugend. Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wollte wohl beweisen, wie aktiv sein Ministerium in Ernährungsfragen ist, Snackhersteller Werner Wolf versuchte zu vermitteln, wie gut seine Podukte sind und dass die Industrie die wahren Ursachen der Fettleibigkeit nicht nur erkannt hat sondern sogar dagegen vorgeht (nein, die Produktion von Chips wird nicht eingstellt, man unterstützt lieber Fitnessprogramme mit denen die Chipskalorien wieder abtrainiert werden können). Sarah Wiener verbiss sich leider in Fragen über Lebensmittelzusatzstoffe und führte ausgerechnet Zitronensäure (E 330) an, die jedoch sogar von Ökotest als gesundheitlich unproblematisch * eingestuft wird und ungefähr so viel zur Verfettung der Menschen beiträgt wie eine Aspirintablette. Über die von Sarah gerne verwendeten Zutaten Butter und Sahne in ihren über das Fernsehen verbreiteten alpenländisch ausgerichteten Rezepten hätte Plasberg auch reden können, wenn er hart gewesen wäre. War er aber in diesem Punkt nicht. Von Sarah wiederum hatte ich mir eine stärkere Hinwendung zur Kochkultur gewünscht, die ihr leider nur ansatzweise gelang. Thilo Bode von foodwatch war mir zu sehr mit der Geißelung der Lebensmittelindustrie beschäftigt, und dass Schauspieler Reiner Hunold mal wieder sein Image als XXL-Model pflegt und über die gesellschaftlich ausgegrenzten Dicken jammert, war ohnehin zu erwarten.
Mein Fazit aus der Sendung ist, dass die vielen Faktoren, die Übergewicht verursachen, in einem gesellschaftlichen Diskurs augeleuchtet und in einem Gesamtkonzept angegangen werden müssen. Für mich ergibt sich folgendes Ranking bei den Ursachen: wachsende Armut, fehlende Bildung, mangelnde Eigenverantwortung, zu geringe Reglementierung der Lebensmittelindustrie, mangelnde Kochkultur.
Was man meiner Meinung nach ganz konkret tun sollte, neben einer ganz allgemein formulierten, gesamtpolitisch am Wohl der Vielen ausgerichtete Arbeits-, Sozial- und Bildungspolitik, hier mal in loser Reihenfolge:
– Adidpositassteuer für Junk-Food-Produkte zur Finanzierung von Ernährungsprojekten
– Ganztagsschulen mit einer für Kinder aus bedürftigen Familien kostenlosen, gesunden Verpflegung
– Koch- und Ernährungsunterricht als Pflichtfach in den Grundschulen
– staatliche Kampagnen zur Vermittlung von Ernährungswissen
– Ampelkennzeichnung für Lebensmittel einführen (wie in England)
Und dann war da noch die Sache mit der Wurstvergleichsverkostung in der Sendung, bei der keiner, wirklich keiner der Gäste bemerkte, dass eine der beiden Würste nahezu fettfrei hergestellt wurde. Die Wurst stammt aus der Metzgerei von Josef Pointner, der sie mit Unterstützung des Fraunhofer Instituts entwickelte und zum Patent angemeldet hat.

* Nachtrag: Der Link wurde von Ökotest inzwischen entfernt. In einem Beitrag von 2012 heißt es nun: „E 330 wird mithilfe gentechnisch manipulierter Schimmelpilze auf Zuckerlösungen erzeugt, die aus Gen-Mais gewonnen sind ….  Zitronensäure ist Säure- und Antioxidationsmittel in Softgetränken, steckt aber auch in Fertiggerichten, Wurst und Desserts.“ Als Dickmacher wird es auch weiterhin nicht eingestuft.

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