Corona-Krisenküche Schmackofatz (2): Spaghetti mit Olivenpesto

Normalerweise gehe ich täglich frische Lebensmittel einkaufen. Immer schauen, was gerade so da ist und gar nicht erst Gefahr laufen, Zeug wegwerfen zu müssen, weil es vergammelt ist. Aber im Moment ist nichts normal. Und ich gehe sehr ungern und deutlich seltener einkaufen. Durch meinen aktuellen Lieblings-podcast mit Professor Christian Drosten (auf NDR-Info) weiß ich zwar, dass die Ansteckungsgefahr über Schmierinfektion an Einkaufswagen oder über Waren eher gering ist, aber mir laufen da zu viele Zeitgenossen durch die Verkaufsräume. Ein Husten, ein Niesen, und ratzefatz hast du dir Corona eingefangen. Muss nicht. Deshalb bin ich froh über meine haltbare Lagerware.

Höchste Zeit, die zweite Runde meiner Rezepttipps für das Kochen mit lagerfähigen Zutaten zu starten. Ich hatte ja vor einigen Wochen hier eine Liste mit Lebensmitteln gepostet, die lange aufbewahrt werden können und mit denen sich nicht nur in Krisenzeiten schnell und einfach leckeres Essen zubereiten lässt. Für die Spaghetti empfehle ich im Bronzeverfahren hergestellte Nudeln aus 100% Hartweizengrieß. Und wer sich mal Pasta höchster Güte gönnen will, greift zu denen von Latini (gibt’s z.B. bei Manufactum in Waltrop) oder Zaccagni  (gibt’s bei Coniglio in Bochum).

Zutaten für 4 Personen (hungrige Sportler schaffen die Menge natürlich auch locker zu dritt): 500 g Spaghetti (100% Hartweizengries) // 200 g Kalamata-Oliven // 12 EL gutes Olivenöl (nativ extra) // 1 gestrichener EL Semmelbrösel // 50 g  Parmigiano Reggiano // 1 Zehe junger Knoblauch // Abrieb von einer unbehandelten Zitrone // 1 großer Zweig Rosmarin // Salz

Zubereitung: Knoblauchzehe halbieren und in hauchdünne Scheiben schneiden, Rosmarinblätter abzupfen und sehr fein hacken. In einer kleinen Pfanne den Knoblauch mit dem Rosmarin in 2 EL Olivenöl bei milder Hitze 1-2 Minuten erwärmen, anschließend von der Flamme nehmen und ruhen lassen. Oliven abtropfen lassen, entsteinen und fein hacken. Oliven in eine schmale, hohe Rührschüssel geben, 10 EL Olivenöl sowie alle anderen Zutaten zugeben, einschließlich des Knoblauch-Rosmarin-Öls. Vermischen, mit Salz abschmecken und einige Minuten durchziehen lassen. In einem großen Topf leicht gesalzenes Wasser zum Kochen bringen und Spaghetti ca. 9-12 Minuten (je nach Herstellerangabe) sprudelnd garen bis sie weich aber noch bissfest sind. Nudeln über ein Abtropfsieb abgießen, zurück in den Topf geben, Pesto unterziehen und servieren.

Corona-Krise: Restaurants bringen leckeres Essen für die Helden des Alltags.

Ein Kippfenster in der ersten Etage der Helios Universitätsklinik Velbert-Niederberg wird geöffnet und ein lautes „Danke“ schallt in den Hof der Warenanlieferung. Unten steht Sascha Stemberg, Küchenchef des mit einem Michelinstern ausgezeichneten Velberter Restaurants Haus Stemberg und strahlt. Gerade eben hat er für das Personal zweier Abteilungen der Klinik Mittagessen geliefert. Es ist ein Dankeschön an die Menschen, die in diesen schweren Zeiten so viel Verantwortung tragen und die härtesten Jobs machen.  „Ich hatte von der großartigen #kochenfürhelden -Aktion aus Berlin gehört, die Max Strohe initiiert hat und mir überlegt, wie wir das hier bei uns umsetzen können.“ Sascha kontaktierte einige seiner Partner und Lieferanten, darunter Ralf Bos von bosfood, und stellte einen Pool an Unterstützern zusammen, die Lebensmittel und Zutaten spenden, mit denen er dann kochen kann. Und Mercedes-Lueg stellt kostenlos ein Fahrzeug für die Lieferung bereit. „Für unseren Take-Away-Service, den wir als Alternative zum derzeit geschlossenen Restaurantsbetrieb aufgebaut haben, stehen wir ohnehin am Herd. Da machen wir für die Helden des Alltags gerne noch was extra. Helfen tut nicht weh.“

An der Aktion beteiligen sich bundesweit mehr und mehr auch namhafte Köche und Gastronomen. Darunter Tim Mälzer in Hamburg und Tim Raue in Berlin. „Ich kann als Koch und Gastronom jetzt nicht die ganze Zeit herumsitzen und nichts tun. Mit unserem Take-Away-Service und dem Kochen für Helden machen wir für uns das Beste aus der schwierigen Situation,“ sagt Sascha. Am Samstag hatte er bereits Essen für die örtliche Feuerwehr geliefert.

Es ist eine schwere Zeit für die Gastronomie. Sascha Stemberg hat sich schon früh darauf eingestellt. Noch bevor der lock-down in Kraft trat, hörte er sich bei Kollegen aus der Spitzengastronomie um. Wie begegnen sie der Situation? Einige wenige hatten da bereits Überlegungen für einen Take-Away-Service angestellt. Und er war schnell davon überzeugt, dass es auch für sein Haus Stemberg die richtige Lösung sein würde. „Wir brauchten einige Tage Vorbereitung, aber dann konnten wir loslegen. Und es läuft richtig gut,“ ermuntert er alle Kollegen, die immer noch zögern.

Für die anstehenden Feiertage hat er ein viergängiges Menü zur Abholung (oder mit Bringdienst innerhalb Velberts) kreiert: „Ostern 2020 daheim“. Kostet 68 Euro, inklusive einer Flasche Wein vom Weingut Stahl. Besonderheit: Das Menü ist zu 80% fertig, und man bekommt eine Anleitung dazu, wie man es perfekt auf die Teller bringt. Das ist mal ’ne Tschällensch.

Corona-Krisenküche Schmackofatz (1): Schnibbelbohnensuppe

In den nächsten Wochen werden wir alle ganz tapfer und diszipliniert sein müssen, um die Corona-Krise gemeinsam zu meistern. Und auch der Ernährungsalltag wird uns herausfordern. Nicht nur, weil wir auf Gastronomie weitestgehend verzichten müssen, sondern auch, weil wir nicht jeden Tag irgendwo in den Laden gehen und frisch einkaufen können oder wollen.

Kürzlich hatte ich an dieser Stelle ein paar Tipps zur Vorratshaltung gegeben, und auf dieser Basis werden die meisten Rezepte meiner kleinen Serie auch bauen. Im Zentrum stehen lagerfähige frische, sowie gefrorene, getrocknete und eingelegte Zutaten. Meine Corona-Krisenküche starte ich mit Schnibbelbohnensuppe, ein beliebter Ruhrgebietseintopf und typisches Familienessen bis in die frühen 80er Jahre hinein, bevor Pasta, Pizza und Fertiggerichte ihren Siegszug antraten. Ein bisschen Traditionspflege also, wobei meine Version ohne den klassischen Speck beziehungsweise die Mettwürstchen auskommt. Dafür bringen die getrockneten Tomaten geschmackliche Abwechslung und eine Spur Säure rein.

ZUTATEN (für 4-6 Personen)
1 kg Grüne Brechbohnen (TK) // 150 g Möhren // 150 g Petersilienwurzel // 1 Bund Lauchzwiebeln // 350 g Kartoffeln (festkochend) // 100 g getrocknete Tomaten // je 1,5 TL Scharfer und süßer Senf (z.B. von der Schwerter Senfmühle) // 1 EL getrockneter Majoran // 1-2 TL Salz // 4 EL Olivenöl // 2 l Wasser

ZUBEREITUNG
Möhren und Petersilienwurzel, schälen und 0,5 cm klein würfeln. Lauchzwiebeln vom grünen Blattwerk und den Fransebärten befreien, waschen, trocken tupfen und in feine Röllchen schneiden. Kartoffeln schälen und in ca. 2 cm große Stücke, die getrocknete Tomaten auf etwa 0,5 cm Kantenlänge schneiden. In einem großem Topf das Olivenöl bei Drittelhitze erwärmen. Lauchzwiebeln, Möhren und Petersilienwurzel zugeben und für zwei bis drei Minuten anschwitzen. Getrocknete Tomaten und Majoran beifügen, vermischen und weitere zwei Minuten anschwitzen. Nun die Kartoffeln und die noch gefrorenen Bohnen in den Topf geben, die 2 l kaltes Wasser aufgießen und zugedeckt zum Kochen bringen.

Sobald die Suppe kocht, eine kleine Schöpfkelle Flüssigkeit aus dem Topf entnehmen und in einer kleinen Schale mit dem Senf verrühren. Das Gemisch zusammen mit 1 TL Salz wieder in den Topf geben, vermengen und 15 Minuten bei milder Hitze sanft köcheln lassen. Probieren, ob Kartoffeln und Bohnen den richtigen Biss haben, gegebenenfalls noch 2-3 Minuten länger garen lassen, dann abschmecken und eventuell mit Salz und Pfeffer nachwürzen. Suppe fünf Minuten zugedeckt ruhen lassen, dann servieren.

Weintipp: 2018 Chianti Colli Senesi von Salcheto

Das Corona-Virus und der Hamsterkaufreflex

Haben Sie schon mal von der Hypothese der somatischen Marker (SMH) gehört? Wenn ja, Respekt! Sie sind entweder Hirnforscher oder gut belesen. Mir jedenfalls war dieser Begriff aus der Neurobiologie noch bis vor wenigen Wochen vollkommen unbekannt. Dann las ich in Richard David Prechts Werk Eine Geschichte der Philosophie (Band II) über Baruch de Spinoza (1632-1677) und welchen Einfluss der große Denker und Rationalist auf die Arbeit des portugiesischen Hirnforschers António Damásio hat. Ja, genau – António wer? Zum Glück gibt’s Wikipedia: Damásio ist Professor für Neurologie und Psychologie am Brain and Creativity Institute der University of Southern California, wo man sich, unter anderem, mit Forschungen über das menschliche Entscheidungsverhalten befasst.

Sie ahnen sicher schon, worauf ich hinaus will: Warum kaufen wir in Deutschland in der Corona-Krise wie die Irren Klopapier, Nudeln und alle möglichen Lebensmittel auf Vorrat? Gestern war beim Biobäcker meines Vertrauens doch tatsächlich schon am späten Vormittag alles Brot ausverkauft. Auf meine Frage an die Verkäuferin, ob wegen Corona die Backstube nicht mehr in voller Belegschaftsstärke arbeiten könne, antwortete sie: „Nein, es wird einfach mehr gekauft. Sie glauben es vielleicht nicht, aber es gibt wirklich Kunden, die bis zu sieben frische Brote einkaufen, um alles einzufrieren. Zur Sicherheit.“

Das war der Moment, wo ich mich fragte: Warum machen Menschen das? Hamstern. Trotz ungefähr 99%-iger Übereinstimmung von menschlicher und hamsterlicher DNA hatte ich gedacht, das eine Prozent würde stärker ins Gewicht fallen. Wie auch immer, die Frage ließ mich nicht mehr los, bis mir plötzlich Spinoza, Damásio und die Hypothese der somatischen Marker wieder einfielen, wonach es – jetzt wird es sprachlich etwas ungelenk – im Menschen verkörperlichte emotionale Erfahrungen sind, die seine Entscheidungen beeinflussen. Auf der Grundlage von Untersuchungen bei Menschen mit Hirnverletzungen im Präfrontalen Cortex, die nachweislich negative Auswirkungen auf deren Entscheidungskraft hatten, schließt Damásio (wenn ich es einigermaßen richtig verstanden habe), dass der Mensch in Situationen, die Entscheidungen verlangen, zunächst über das „Emotionsgedächtnis“ nach Informationen sucht. Das, sagt Damásio, ginge am schnellsten. In der Evolution des Menschen eine möglicherweise schon früh angelegte Hirnfunktion, da man sich damals zum Überleben viel mehr auf seine Sinne verlassen musste. Der Präfrontale Cortex empfängt, vereinfacht gesagt, Reizsignale der Sinnesorgane und übernimmt die Integration von Gedächtnisinhalten und emotionalen Bewertungen. Wir sehen also ein leeres Supermarktregal, hören im Radio was von Quarantäne und denken: Scheiße, jetzt muss ich aber schnell Klopapier kaufen. Jedenfalls so ungefähr. Nur geht es ja nicht jedem Mitbürger so. Was bedeutet, jeder Hamsterkäufer wird von irgendwas aus der Vergangenheit getriggert, was seinen Kauftrieb auslöst. Als Kind vielleicht mal hilflos ohne Klopapier auf der Toilette gesessen? Könnte sein. Im Zweifel hilft der Psychologe bei der Ursachenforschung.

Erst kürzlich hatte ich hier Vorschläge für die Vorratshaltung an Lebensmitteln gemacht, damit man im Notfall nicht jeden Tag Nudeln essen muss. Hamsterkäufe waren damit nicht gemeint, nur damit keine Missverständnisse aufkommen und es nachher nicht heißt: Der kompottsurfer ist Schuld. Ich bin da ausnahmsweise mal mit der zuständigen Bundesministerin, Frau Klöckner, einig, die gestern sagte: „Ich appelliere daher an die Bürger, ihre Vorräte mit Bedacht, Augenmaß und umsichtig aufzustocken – dann ist genügend für alle verfügbar, die Regale werden zeitnah wieder aufgefüllt. Unnötige Hamsterkäufe führen leider häufig dazu, dass Lebensmittel letztlich in der Tonne landen.“ Hier sehe ich tatsächlich das viele größere Problem im aktuellen Kaufverhalten. Nämlich, dass am Ende der Krise noch mehr Lebensmittel auf dem Müll landen als ohnehin schon. Von einer Situation, die zu staatlich limitierter Lebensmittelzuteilung führt, sind wir weit entfernt. Vorausgesetzt, wir alle behalten die Nerven.

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